Hans-Jochen Vogel (SPD) tritt nicht mehr häufig in der Öffentlichkeit auf. Münchens Alt-OB ist mittlerweile 91 Jahre alt. Doch der Olympiapark ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Vogel, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die Olympischen Spiele 1972 nach München kamen, warb gestern intensiv für die Initiative Weltkulturerbe Olympiapark. Am Ende des Hearings konnte der prominenteste Fürsprecher der Idee zufrieden sein: „Heute gehe ich mit sehr großer Freude heim.“
Denn womöglich war die gestrige Veranstaltung der Eisbrecher in der Bewertung der Frage, ob der Status Weltkulturerbe nun Chance oder Risiko für den Olympiapark ist. So wurden die Bedenken, dass eine Art Käseglocke über das architektonisch und landschaftlich einzigartige Ensemble gestülpt werden könnte, weitgehend ausgeräumt. Generalkonservator Mathias Pfeil machte deutlich, dass der Eintrag als Weltkulturerbe keine stärkeren rechtlichen Auswirkungen hätte, als der jetzt schon bestehende Denkmalschutz vorsieht. „Es wird nicht schlimmer.“ Der Olympiapark sei „ein lebendiges Ensemble, in dem Veränderungen möglich sind“. Pfeil und Vogel hoben nicht nur die Architektur des Stadionzeltdachs hervor, sondern auch die historische Bedeutung des Parks als Symbol für Frieden und Freiheit. Die olympischen Sportstätten wurden auf Trümmerschutt des Krieges errichtet.
Professor Jörn Walter, früherer Hamburger Stadtentwicklungschef, ermutigte München, den Antrag bei der Unesco zu stellen. Die Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel wurden 2015 in das Unesco-Welterbe aufgenommen. „Auch hier gibt es Veränderungen“, sagte Walter. Der Stadt müsse zwar klar sein, dass die Unesco dann ein Mitspracherecht bei künftigen Entwicklungen hat. Aber bei der Bewerbung müsse man der Prüfungskommission eben den Kerngehalt des Olympiaparks klarmachen. „Und das ist der Sport sowie der Veranstaltungs- und Erholungscharakter.“ Dagmar Tille, Leiterin der Obersten Denkmalschutzbehörde Berlins, riet dazu, den Dialog mit der Öffentlichkeit möglichst rasch zu suchen. Der Status beinhalte einen behutsamen Umgang mit dem Erbe: „Das heißt aber nicht, dass danach nichts mehr geht – im Gegenteil.“ Professor Michael Petzet, Ehrenpräsident des Internationalen Rates für Denkmalpflege, riet der Stadt, „die Chance zu ergreifen“. Die Erfolgsaussichten seien groß, zumal es weltweit nur wenige Sportdenkmäler gebe.
Das größte Problem dürfte indes die zeitliche Schiene werden. Laut Andreas Baur vom Bayerischen Kultusministerium liegen deutschlandweit derzeit zehn Anträge auf Aufnahme in die Weltkulturerbeliste vor. Es dauere eine Weile, bis diese Liste abgearbeitet sei. Baur zufolge gibt es wohl erst ab 2023 eine neue Bewerbungsrunde, an der München teilnehmen könnte. Der Verwaltung bleibt also genug Zeit, die Bewerbung vorzubereiten – sofern die Stadtratsmehrheit überhaupt dafür ist. Bislang überwog sanfte Skepsis.
Die dürfte gewichen sein. Christine Strobl (SPD), Bürgermeisterin und Aufsichtsratsvorsitzende der Olympiapark München GmbH (OMG), sagte: „Es wäre mein Wunsch, den Antrag zu stellen – auch wenn der Park gefühlt schon Welterbe ist.“ Bürgermeister Josef Schmid (CSU), dessen Wirtschaftsreferat für die Ausarbeitung des Antrags zuständig ist, erklärte: „Meine Bedenken wurden ausgeräumt.“ OMG-Chefin Marion Schöne meinte: „Der Olympiapark als Weltkulturerbe hat Substanz.“ Gleichwohl müsse dafür Sorge getragen werden, dass der Charakter einer Veranstaltungsstätte erhalten bleibe und bauliche Veränderungen möglich seien. Bekanntlich plant der Getränkekonzern Red Bull eine Arena, in der Profi-Eishockey und Profi-Basketball stattfinden soll.