„Wir gehörten und gehören dazu“

von Redaktion

Israelitische Kultusgemeinde feiert auf dem Jakobsplatz – Knobloch: Das Nebeneinander ist vorbei

Mit einem fröhlichen Fest samt Flashmob, koscheren Snacks und klassischer Musik hat die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) München und Oberbayern am Sonntag auf dem Jakobsplatz ihren Beitrag zum Festjahr „1700 Jahre Judentum in Deutschland“ gestartet. Die neue Outdoor-Ausstellung „Jüdische Geschichten aus München und Oberbayern“ wirft auf acht Litfaßsäulen Schlaglichter auf jüdisches Leben in der Region.

Erstmals öffentlich gemacht wurde dabei laut Projektleiterin Ellen Presser ein Gerichtsdokument aus dem Jahr 1229, das mit der Person des „Abraham de Municha“ den ersten dokumentierten Juden Münchens nachweist. Auch andere Kapitel jüdischer Geschichte wie die „Cossmann-Werner-Bibliothek“ oder das Thema „Zuwanderung“ seien bislang wenig beachtet gewesen. Die Schau ist bis 8. Oktober rund um die Uhr zu sehen.

Als „ganz besonderes Jahr“ bezeichnete Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das Festjahr, das sich auf ein Edikt von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 321 stützt, in seiner Festrede. Das Dokument beweise, „Juden sind in vielerlei Hinsicht integral für unser Land, sie sind hier zu Hause“, sagte der Politiker. Seehofer kündete eine Verlängerung der finanziellen Förderung des Jubiläumsjahrs durch den Bund bis Mitte 2022 an. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, würdigte er als „Motor und Inbegriff jüdischen Lebens in München, Bayern und Deutschland“. Es sei ihr Verdienst, dass jüdisches Leben hierzulande heute wieder pulsiere, so der Innenminister.

Ein „sichtbares Zeichen für die gemeinsame Tradition und für ein einzigartiges Kulturerbe“ nannte OB Dieter Reiter (SPD) die Freiluft-Ausstellung. Seit der Gründung Münchens hätten Menschen jüdischen Glaubens die Stadt geprägt. Zugleich seien sie „von Beginn an auch diskriminiert, gedemütigt, vertrieben, verleumdet, mit Pogromen überzogen und ermordet worden“, so Reiter.

Dass jüdisches Leben in München nach der Shoah wieder fester Bestandteil der Stadtgesellschaft sei, sei ein „Geschenk, dessen Wert gar nicht hoch genug geschätzt werden kann“. Die neue Ausstellung fördere das Interesse an der Vielfalt jüdischen Lebens.

Gastgeberin Charlotte Knobloch zeigte sich froh über das jüdische Herz der „Weltstadt mit Herz“. Seit vor fast 15 Jahren die neue Synagoge auf dem St.-Jakobs-Platz gebaut worden sei, habe sich der Ort zu einem Platz der Begegnung entwickelt. Das Miteinander verschiedenster Menschen dort mache sie glücklich. „Das Nebeneinander, das ich fast mein ganzes Leben lang gekannt habe, ist Gott sei Dank vorüber“, sagte Knobloch. Sie betonte, dass Juden „kein Anhängsel und keine Fußnote“ der deutschen Geschichte seien: „Wir gehörten und gehören von Anfang an dazu.“ Am jüdischen Leben sei deshalb nichts fremd, „auch wenn manche Zeitgenossen das wider alle Evidenz bis heute glauben“, sagte die Holocaust-Überlebende.

Die Ausstellung auf dem Jakobsplatz präsentiert in 24 Kapiteln von A bis Z Informationen über historische Themen, Emigration und Exil bis hin zu religionskundlichen Fragen. Neben Verfolgung und Vertreibung stehen auch Zuwanderung und Zuversicht im Mittelpunkt der Schau. Das seien „vier Erfahrungen, die jüdische Geschichte in München seit jeher prägen“, so die Ausstellungsmacher. Zusätzlich zur Schau auf dem Jakobsplatz ist im Herbst ein Begleitprogramm in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule geplant. SUSANNE SCHRÖDER (EPD)

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