Pendler-Frust ohne Ende

von Redaktion

Sprecher räumt ein: So viele Baustellen bei der S-Bahn gab es noch nie

Mehr als eine Stunde unterwegs: Sandra Misch.

„Es gibt so oft Probleme:“ Paulina Santana.

Am S-Bahnhof Pasing gestrandet: Die Häufung wechselnder Ersatzkonzepte sorgt bei vielen Fahrgästen für Ärger und erfordert immer häufiger Geduldsproben. © Markus Götzfried (4)

Es ist eine Frust-Woche ohne Ende. Man hat sich an die schier unendliche Serie von S-Bahn-Sperrungen ja schon gewöhnt. Aber diese Häufung rasch wechselnder Ersatzkonzepte ist doch neu. Stammstrecken-Sperrungen in Serie – und kein Ende in Sicht. Bis mindestens 2. Advent ist jedes Wochenende Ausnahmezustand bei der S-Bahn. „Umfang und Häufigkeit der Bauarbeiten im gesamten S-Bahn-Netz sind größer als je zuvor“, bestätigt ein Bahnsprecher.

Das hat auch Sandra Misch aus Schwabhausen im Dachauer Hinterland bemerkt. Normalerweise braucht die 51-Jährige 35 Minuten, um mit der S2 in die Arbeit zu fahren. „Heute musste ich erst den Überlandbus nehmen. Und jetzt bin ich in Pasing gelandet“, sagt sie. Am Montag hat Misch, die als Assistentin der Geschäftsführung arbeitet, mehr als eine Stunde gebraucht.

Paulina Santana arbeitet in Unterhaching bei Develey. Normal fährt die 63-Jährige mit der S3 direkt vom Pasinger Bahnhof durch. In dieser Woche muss sie jedoch zunächst mit der Regionalbahn zum Hauptbahnhof, um von dort in die S3 umzusteigen. „Es gibt so oft Probleme mit der Stammstrecke“, sagt Santana. Mohammad Shahab (25) und sein Bruder (17) aus Wörthsee wollen eigentlich nur in die Innenstadt, um essen zu gehen. In Pasing gibt es einen ungewollten Zwischenstopp. Dass die S-Bahnen nicht planmäßig fahren, hat beide überrascht – Shahab, der Verkäufer ist, und sein Bruder fahren nicht so oft mit der S-Bahn. Selbst das Studium der Baustellenübersichten ergibt mehr Fragen als Antworten. Beispiel: Für das übernächste Wochenende (14. bis 17. November) ist von Freitag ab 22.20 Uhr bis Montag 5 Uhr durchgehend eine Sperrung der Stammstrecke angekündigt mit Umleitungen und Ersatzverkehr. So heißt es auf dem Aushang „Großbaumaßnahmen November 2025“ der Bahn, der auch im Internet abrufbar ist. Doch via Pressemitteilung hat die Bahn für Samstag, 4 Uhr bis Montag, 4.30 Uhr, nur eine eingeschränkte Befahrbarkeit der Stammstrecke angekündigt. S6/S8 fahren, die S2 von Westen außerdem bis Isartor. Also was denn nun? Und ab Freitag 22.20 Uhr oder erst ab Samstag 4 Uhr? Und bis Montag 4.30 oder bis 5 Uhr?

Anderes Beispiel: Wer mit seiner S-Bahn in Pasing landet, der soll in einen Regionalzug umsteigen. Sie kommen aus dem Allgäu, aus Garmisch oder aus Augsburg. Geschätzt jeder dritte Zug ist verspätet. Mal ist ein anderer Zug defekt, mal Gleise wegen Bauarbeiten nur eingeschränkt verfügbar. Manchmal fällt ein Zug auch ganz aus. Manche enden in Pasing. Der Grund: Am Hauptbahnhof hat die Bahn Gleis 26 gesperrt – wegen Bauarbeiten natürlich. Die Gleiskapazitäten sind erschöpft, daher stranden die Züge schon in Pasing. Fahrgäste aber vertrödeln endlose Minuten mit Warterei am Bahnsteig Pasing. Es sind Kleinigkeiten, die nerven. Zum Beispiel fährt der Regionalzug aus Garmisch plötzlich auf Gleis 2 ein. Dieses hat keinen Aufzug und nur einen Treppenaufgang, ein Wechsel von der weiter östlich gelegenen zweiten Pasinger Unterführung ist gar nicht möglich. Fährt der nächste Zug am Gleis 3 ein – oder lohnt sich ein Sprint zum Gleis 9? All das muss man selbst rausfinden – Methode Trial and Error.

Die S-Bahn-Stammstrecke ist mittlerweile viel zu oft gesperrt, sagt ein Sprecher vom Fahrgastverband Pro Bahn. „Wir fordern, dass die Arbeiten deutlich besser gebündelt werden.“ Die Behauptung, dass die Bauarbeiten für den zweiten S-Bahn-Tunnel kaum Auswirkungen für die Fahrgäste haben, sei längst widerlegt. Er fordert: „Das bayerische Verkehrsministerium muss jetzt seine Kontrollfunktion ausüben“ – die Projektplaner seien überfordert.D. WALTER, F. WEBER

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