Seehofer-Nachfolge

Komödienstadel CSU-Fraktion

von Redaktion

Es gab mal eine Zeit, da nahm die CSU-Landtagsfraktion für sich in Anspruch, die Herzkammer der Partei zu sein. Heute ist sie nur noch ihr Komödienstadel. Und ganz Bayern klopft sich auf die Schenkel, wenn sich gestandene Abgeordnete vom Possenspiel ihres Ministerpräsidenten zum Narren halten lassen – wie zuletzt am Donnerstag. Andächtig lauschten die Parlamentarier dem Versprechen Seehofers, noch am selben Abend Klarheit über seine Zukunft zu schaffen, überschwänglich feierten sie ihn dafür. Fehlte eigentlich nur noch, dass sie getanzt hätten wie Mugabes erleichterte Parteileute nach dessen Rücktrittserklärung. Nur wollte Seehofer, kaum dass er den freudetrunkenen Landesparlamentariern den Rücken gekehrt hatte, nichts mehr wissen von seinen Ankündigungen.

Das war lustig! Aber leider gehen die fidelen Scherze auf Kosten einer Fraktion, deren Ansehen auf die gesamte Partei ausstrahlt. Abgeordnete, die sich selbst zur Lachnummer degradieren lassen, können schlecht die ihnen zugedachte Aufgabe als Kraftzentrum der Partei wahrnehmen – und vermutlich ist auch genau das der Plan Seehofers, der in der Fraktion eine Bastion seines Rivalen Söder sieht. Diese zu schleifen ist die Absicht, die hinter dem Plan steckt, ein merkwürdiges Dreigestirn der Parteiältesten über die CSU-Führungsfrage entscheiden zu lassen.

Die Abgeordneten werden dieses Prozedere zurückweisen und sich selbst in den Entscheidungsprozess mit einbringen müssen. Aus Selbstachtung. Aber auch, weil von der Wahl des Spitzenkandidaten und seiner Zugkraft abhängt, wer sein Mandat behält oder es verliert. Die Fraktion mag ihren Machtanspruch in Teilen abgegeben haben. Aber eines kann sie nicht abgeben: den der Mehrheitsfraktion zugewiesenen Verfassungsauftrag, den Ministerpräsidenten zu wählen. Er ist ihr parlamentarisches Königsrecht.

Georg Anastasiadis

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