Verfassungsschutz

Streit um AfD-Beobachtung

von Redaktion

von Sebastian Dorn

München – Es kommt immer wieder vor, dass Geheiminformationen an die Presse durchgestochen werden. Am Mittwoch, pünktlich zu Beginn der Amtsleitertagung der Inlandsgeheimdienste, ploppt eine Meldung zur AfD auf. Die Landesämter des Verfassungsschutzes, heißt es darin, fordern eine deutschlandweite Beobachtung der Partei. Vor allem in Sicherheitskreisen schlägt die Meldung ein. Weniger aber wegen des Themas, sondern, weil hinter der Indiskretion eine Attacke gegen den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen steckt.

Bislang hätten die Länder vergeblich eine Materialsammlung zur AfD gefordert, hieß es laut dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ aus Sicherheitskreisen. Die Behörde von Maaßen habe einfach nicht geantwortet. Von „mehreren Jahren Diskursverweigerung“ ist die Rede, von einer „Vernachlässigung der Vorfeldarbeit“.

Was als Versäumnis klingt, dürfte einigen Verfassungsschützern nach Informationen unserer Zeitung aber ziemlich recht sein. Denn im Hintergrund läuft eine Debatte um die Zentralisierung der Inlandsgeheimdienste. Auch im Koalitionsvertrag ist davon die Rede. Die Überlegung der Reformgegner in den Ländern: Je schlechter Maaßen dasteht, weil er Entwicklungen bei der AfD verschlafen haben könnte, desto einfacher ist es, den Umbau zu verhindern.

Besonders große Bundesländer wie Bayern sollen auf den Erhalt der Eigenständigkeit pochen, da man sonst die schleichende Auflösung der Ländergeheimdienste fürchte. Der Geheimdienst dürfe „keine Konkurrenzveranstaltung zu Polizeibehörden darstellen“, warnte auch Berlins Verfassungsschutzchef Bernd Palenda in der „Welt“.

Die Sachdebatte um die AfD-Beobachtung kommt derweil durch den Impuls voran. Aus dem bayerischen Innenministerium heißt es aber, die Voraussetzungen zur Beobachtung des gesamten Landesverbands seien „nicht erfüllt“. Stattdessen stünden „vereinzelt AfD-Funktionäre und Mitglieder“ im Fokus der Geheimdienste, sagt ein Sprecher. Die Gründe seien meist Verbindungen in die Szene der Islamfeinde und der Reichsbürgerbewegung.

Bei der betroffenen AfD vermutet man hinter den Beobachtungsbemühungen dagegen „politische Kampfmaßnahmen“. Das sagt zumindest der Münchner Vize-Landeschef Gerold Otten. „Der Verfassungsschutz wird instrumentalisiert.“ Es gebe in der Partei zwar „den ein oder anderen ohne Berührungsängste“, anders als Bundesländer in Ostdeutschland biedere man sich in Bayern aber keinen rechten Gruppierungen an. „Unser Ziel ist es, die Wählerbasis im bürgerlichen Lager zu verbreitern.“

Die CSU im Bundestag lehnt eine generelle Beobachtung ab. Man dürfe die AfD nicht „in eine Opferrolle drängen“, sagt der innenpolitische Sprecher Volker Ullrich. Florian Ritter, Rechtsextremismus-Experte und Oberbayern-Chef der SPD, spricht sich für die Materialsammlung zur AfD aus. „Einzelne Landesverbände müssten längst beobachtet werden, unter anderem wegen ihrer Verflechtungen bis weit hinein in die rechtsextremen Kreise der Identitären Bewegung“, sagt Ritter. Neben Beobachtung brauche es aber auch „dringend mehr Prävention gegen solche Ideologien, wie sie von der AfD vertreten werden“.

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