Sollte Markus Söder nachts mal von Albträumen heimgesucht werden, dann sicher nicht in Gestalt bayerischer Oppositionspolitiker. Alle harmlos bisher. Was Söder hochschrecken lassen sollte, sind seine eigenen Werte: unter zwei Fünftel Zustimmung für ihn als Person in Bayern, trotz ideenreichem Start, enormer Präsenz und einer komplett auf ihn zugeschnittenen Regierungskommunikation. Söder liegt weit unter Seehofers Werten 2013 und, viel schlimmer, nähert sich dem Niveau des traurigen Stuttgarter Interims-Ministerpräsidenten Stefan Mappus, CDU, der 2011 alles an die Grünen verlor. Vorsicht vor Umfragehörigkeit und schlagzeilenträchtigen Instituten – aber die Tendenz klingt gefährlich.
Der einfache Grund: Söder hat den Faden verloren, seit er sich im Mai/Juni mit Haut und Haar in die Asylpolitik stürzte. Sein Regierungsprogramm war eine kluge Mischung für ein wirtschaftlich blühendes Land; modern, sozial, aber klare Kante bei Sicherheit und Migration. Es wäre – absolut – mehrheitsfähig. Die Reduktion auf Asyl und Grenzen und sein bewusst schriller Ton („Asyltouristen“) irritieren aber Wähler in der Mitte. Alte Links-Rechts-Muster mögen das nicht abbilden, doch es gibt viele Bayern, die mit Merkels 2015er-Politik und der Ignoranz danach hadern, die sehr wohl Probleme durch ungesteuerte Zuwanderung erkennen, die viel strengere Asylverfahren wollen – denen die CSU 2018 aber zu plump auftritt. Und wieder zu extrem in den Schwankungen.
Söder steckt jetzt in einer sehr schwierigen Lage. Natürlich wird auch die Asylpolitik über sein Wahlergebnis entscheiden. Knickt die CSU in Berlin ein, setzt sie nicht endlich einen Haken unter dieses Thema, ist er als Wahlkämpfer der Leidtragende. Gleichzeitig läuft ihm (nach der zu späten Amtsübergabe) die Zeit weg. Auch deshalb rief er, der sich sonst wenig um Berlin schert, am lautesten nach einer „Asylwende“. Dennoch sollte Söder im Land seine Strategie neu justieren, verbreitern, mehr Feuerwerk als Chinaböller. Noch ist es dafür nicht zu spät.
Christian Deutschländer
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