München – Fast 2000 Krankenhäuser gibt es in Deutschland. Noch. Denn besonders kleine und mittlere Kliniken stecken oft in wirtschaftlichen Problemen. Immer wieder fordern Experten und Krankenkassen zudem, die aus ihrer Sicht zu hohe Zahl der Kliniken ganz bewusst zu reduzieren. Eine Entwicklung, die einige Häuser wohl nicht überleben werden.
Ausgehend davon, hat die Krankenkasse DAK einen Plan erarbeitet, wie die vorhandenen Strukturen von Kliniken, die schließen müssen, künftig genutzt werden könnten. Die Kasse schlägt vor, diese Häuser in regionale Pflegekompetenzzentren umzuwandeln. Das Konzept dazu präsentiert DAK-Vorstands-Chef Andreas Storm heute in Nürnberg der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Es liegt auch unserer Zeitung vor.
In den von der Kasse angeregten Zentren könnten „wichtige Angebote, von Beratung über spezialisierte Wohngruppen bis Kurzzeitpflege, unter einem Dach gebündelt werden“, erklärt DAK-Bayern-Chefin Sophie Schwab. Auch Ärzte, Zahnärzte, Heilmitteltherapeuten oder Selbsthilfegruppen könnten dort ihre Dienste anbieten. „Damit ließe sich auch das Hin und Her zwischen Heimen oder Wohnung auf der einen Seite und Krankenhaus oder Praxis auf der anderen Seite abstellen“, sagt Schwab. Darüber hinaus könnten dem Papier nach auch Anbieter von Dienstleistungen wie „Essen auf Rädern“, Fahrdienste oder Wäschereien in den Häusern untergebracht werden.
Das Thema ist aktueller denn je. Schon heute gibt es drei Millionen Pflegebedürftige in Deutschland, bis 2060 wird mit 4,7 Millionen gerechnet. Auch die Krankenhäuser verzeichnen zunehmend alte Patienten, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden. Und Pflegepersonal wird so dringend gesucht wie nie.
Mit Blick auf diese Herausforderungen könnten die Pflegezentren „einen wesentlichen Beitrag zu einer integrierten und bedarfsgerechten Infrastruktur insbesondere in unterversorgten und strukturschwachen Regionen leisten“, schreibt die DAK in ihrem Konzeptpapier. Und auch politisch könnten sich Vorteile ergeben: „Die Schließung von örtlich häufig hochgeschätzten, kleinen Krankenhäusern kann durch die Konversion in Pflegekompetenzzentren kommunalpolitisch besser verarbeitet und in der Bürgerschaft besser mitgetragen werden“, schreibt die Kasse.
Erste Schritte wurden bereits unternommen. In Baden-Württemberg hat die DAK das Konzept Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vorgestellt. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von DAK und Sozialministerium beschäftigt sich dort gerade damit. Im Landkreis Emsland und in der Grafschaft Bentheim in Niedersachsen ist laut DAK sogar bereits ein Modellprojekt geplant.
Ein Weg, den die Kasse möglichst bald auch im Freistaat einleiten möchte. „Vor allem in den ländlichen Regionen Bayerns suchen wir Partner für ein mögliches Modellprojekt, um dort die Versorgungsstrukturen weiterzuentwickeln“, sagt DAK-Landesleiterin Schwab.
Siegfried Hasenbein kennt die Pläne der DAK bisher nicht. Der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) lehnt den Ansatz aber nicht grundsätzlich ab, sagt er. Zwar sei es seine Erfahrung, dass nach einer Klinik-Schließung vor allem Forderungen laut würden, die medizinische Akutversorgung in der Region sowie die Notfallversorgung zu stärken. Aber auch auf dem Gebiet der Pflege gebe es natürlich Bedarf. Dass das Konzept großflächig zur Anwendung kommt, bezweifelt der BKG-Geschäftsführer aber trotzdem. „Ich glaube nicht, dass es wirklich zu einer so großen Schließungswelle von Krankenhäusern kommt“, sagt Hasenbein. Auch wenn „sicher der eine oder andere Standort infrage gestellt“ werden könne. Sebastian Horsch