Die große Putin-Show

von Redaktion

Nach der Annexion der Krim war Russland jahrelang isoliert. Zuletzt aber sind die Fronten aufgeweicht. Gestern kam Wladimir Putin zu einem Blitzbesuch nach Rom. Mit viel Pomp und einem Besuch beim Papst.

VON INGO-MICHAEL FETH

Rom – Eine beeindruckende Wagenkolonne von rund 30, zumeist gepanzerten Limousinen rast über den weitläufig abgesperrten Petersplatz in Rom. Ein seltenes Privileg, das nur Staatsoberhäuptern zusteht. Hubschrauber kreisen in der Luft. Touristen und Pilger staunen, das Medienaufgebot ist immens. Es war ein Blitzbesuch von gerade mal elf Stunden, für den Wladimir Putin gestern in die Ewige Stadt reiste. Trotz denkbar kurzen Vorlaufs wurde er mit allem Pomp empfangen, den das Protokoll aufzubieten hat. Hauptzweck der Visite war eine Audienz bei Papst Franziskus.

Es ist bereits das dritte Mal in fünf Jahren, dass der russische Machthaber den Pontifex aus Argentinien besucht. Auch im Vatikan wurde man vom relativ kurzfristig eingegangenen Gesprächswunsch Putins überrascht. Entsprechend schlugen die Spekulationen ins Kraut: Würde der Kreml-Chef dem Papst diesmal eine Einladung nach Russland überbringen?

Der katholische Erzbischof von Moskau, Paolo Pezzi, hatte derartige Erwartungen bereits vorab gedämpft: „Das ist leider noch verfrüht. Erst einmal muss die russisch-orthodoxe Kirche ihre Position dazu intern abklären. Und da ist man wohl noch nicht so weit.“ An Themen mangelte es trotzdem nicht. Über die Lage in Syrien habe man gesprochen, über die Kriegsgefahr im Mittleren Osten, über die Verfolgung der Christen in vielen Teilen der islamischen Welt, über die festgefahrene Situation in der Ukraine, so war zu hören.

„Jede Möglichkeit zum Dialog sollte man nutzen“, erklärte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Er reagierte damit auf Kritik, dass man ausgerechnet Putin, unter anderem wegen der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim vom Westen mit Sanktionen belegt, zum jetzigen Zeitpunkt im Vatikan empfange. Tatsächlich liegt der Verdacht nahe, dass der russische Langzeit-Herrscher mit seinem Besuch einen Zweck verfolgt.

Nach der umstrittenen Rückkehr seines Landes in den Europarat (seit dem Krim-Krieg war die Mitgliedschaft suspendiert) sucht der Kreml die diplomatische Offensive. Erst vor zwei Wochen hatte Putin einen glanzvollen Staatsbesuch in China absolviert, dann auf dem G20-Gipfel im japanischen Osaka mit Freund Trump geschäkert, während die Europäer abseits um die Postenvergabe in der EU stritten. Dass Putins nächste Etappe nun ausgerechnet nach Rom führt, ist kein Zufall. Von der Populisten-Regierung der euroskeptischen 5 Stelle und der rechtsextremen Lega wird er regelrecht hofiert. Italien trägt die Sanktionen bislang zwar murrend mit, fordert aber seit geraumer Zeit deren schnelles Ende.

In einem Interview lobte der Kreml-Chef indes Innenminister Matteo Salvini und beschwor die „kontinuierlichen Bande der Zusammenarbeit mit der Lega“. Salvini und Grillini-Chef Luigi di Maio traf er beim Staatsbankett, das Premier Giuseppe Conte für den russischen Gast ausrichtete. In Putins Tross befand sich eine Delegation von zwei Dutzend Wirtschaftsbossen. Conte forderte sie zu Investitionen in Italien auf. Damit könnte ein weiteres Ziel des Kremlherrn aufgehen: Die EU-Sanktionen Stück für Stück zu durchlöchern. Putin, der Spalter – eine „Persona non grata“? Das war gestern, so viel hat Rom gezeigt.

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