München – Die Maßnahmen sind penibel vorbereitet. Wenn Ende Mai in Österreich die Freibäder wieder öffnen dürfen, richten sich die Betreiber auf einen Ansturm ein, der ein Vorgehen wie bei Rockkonzerten und Fußballspielen erfordert. Entsprechend wird der Einlass geregelt. Die Stadt Wien hat ein sogenanntes „Beckenmanagement“ in die Wege geleitet, zu dessen Merkmalen zählt, dass man Eintrittskarten für die Schwimmbäder künftig im Vorverkauf anbietet. An der Tageskasse wir es nur noch Resttickets geben.
Erstaunlich genug, dass die Freibadsaison nicht komplett dem Coronavirus zum Opfer fällt. In Deutschland gibt es wegen der Ansteckungsgefahr auf Wiesen und in Becken massive Vorbehalte. In Österreich ist man optimistischer. Bäder seien wichtig, „um ein Urlaubsfeeling herbeizuführen“, sagt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Es soll deshalb nicht beim Sonnen bleiben. Er geht davon aus, „dass in den Wiener Bädern auch Wasser zur Verfügung stehen wird“.
Die Österreicher haben früher Beschränkungen und Entbehrungen auf sich nehmen müssen. Nun, da sich die Zahlen besser entwickeln, kommen sie auch schneller in den Genuss von Lockerungen – und umfassender.
Nach sieben Wochen enden zum 1. Mai die Ausgangsbeschränkungen. „Wir brauchen sie nicht fortzusetzen“, teilte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gestern mit. Ab Freitag sei lediglich noch ein Mindestabstand von einem Meter nötig zu Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Dass deswegen die Coronakrise schon überwunden wäre, sei allerdings ein Trugschluss. Die Regierung, warnte Anschober, werde die Zügel wieder anziehen, wenn dies nötig sei: „Wir können jederzeit Stopp sagen.“
In Deutschland verfolgt man die Entwicklung aufmerksam, speziell in Bayern gilt die rot-weiß-rote Corona-Politik fast schon als Blaupause. Zwei Wochen nach der Öffnung von Baumärkten und kleinen Geschäften sei der Trend unverändert stabil, sagt Anschober. Als Nächstes folgen die restlichen Geschäfte sowie viele Dienstleister.
Die für den Alltag wirklich großen Maßnahmen sind Mitte bis Ende Mai dran, und damit sind nicht bloß die Freibäder gemeint. Am 15. Mai dürfen Gastronomiebetriebe wieder öffnen, ein strenges Regelwerk soll das Ansteckungsrisiko minimieren. Höchstens vier Erwachsene (und die dazu gehörenden Kinder) dürfen an jedem Tisch Platz nehmen, zwischen den Tischgruppen gilt ein Mindestabstand von einem Meter. Eine freie Platzwahl wird noch nicht möglich sein, Gäste sollten unbedingt im Voraus reservieren, warnt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Das Personal mit Gästekontakt muss Mundschutz tragen.
Zwei Wochen später, am 29. Mai, sperren dann auch Hotels und andere Beherbergungsbetriebe wieder auf. Das sei dringend nötig, nachdem die Branche eine „Vollbremsung“ hingelegt habe, sagt Köstinger, aber auch medizinisch vertretbar. Die aktuelle Entwicklung – die Zahl der Neuinfektionen liegt mittlerweile im zweistelligen Bereich – gebe die Möglichkeit zum Neustart. Wann Deutsche allerdings wieder in Österreich Urlaub machen können, ist noch offen.
So weit, dass man wieder übers Reisen nachdenkt, ist Frankreich noch lang nicht. Aber auch hier, wo das Coronavirus bereits über 23 000 Menschenleben kostete, bemüht sich die Politik um einen Hauch von Entspannung. Die Ausgangssperre soll ab 11. Mai gelockert werden. Geschäfte und Schulen würden schrittweise wieder geöffnet, erklärte Premierminister Edouard Philippe. Über Restaurants wird erst zum 2. Juni, dem Start der zweiten Lockerungsphase, entschieden.
In Spanien gibt es einen Vier-Phasen-Plan bis Ende Juni, regional gestuft. Es sollen alle zwei Wochen immer mehr Geschäfte, Lokale und Kirchen sowie später Fitnessstudios, Kinos, Theater und Hotels geöffnet werden, sagte Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstagabend.