Der Kampf um die Koalitionen

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München/Berlin – Neulich war Alexander Dobrindt in einer großen Bank zu Gast, ein Hintergrundgespräch mit Unternehmern und Firmenchefs. Eindringlich wollte der CSU-Mann die Bosse vor einer Linkskoalition warnen, beschrieb, was unter Rot-Rot-Grün alles drohe. Just als er das Wort „Enteignungen“ aussprach, schrillten die Sirenen los. „Achtung, Achtung, Gefahrensituation“, donnerte über die Lautsprecher, Feueralarm, alle sofort raus.

Dobrindts Rede wurde jäh unterbrochen, die illustre Runde fand sich im Schein der Feuerwehr-Blaulichter auf dem Parkplatz der Bank wieder. Dramaturgisch lief das für den CSU-Landesgruppenchef aber perfekt. Voll-Alarm, wann immer es um die Linke und das Linksbündnis geht – genau das ist die zentrale Botschaft der Christsozialen bis zum Wahlabend.

Tatsächlich ist ein rot-rot-grünes Bündnis rechnerisch knapp möglich; mehrere andere Konstellationen aber auch. Der Durchschnitt der jüngsten Umfragen ergibt eine klare Führung der SPD (26 Prozent) vor Union (22), Grünen (16), FDP (11), AfD (11) und Linkspartei (6). Auf eine Mehrheit der Mandate kämen also, lässt man unrealistische Koalitionen mit der AfD beiseite, ein Linksbündnis, die rot-gelb-grüne Ampel, eine SPD-geführte GroKo mit der Union und eine schwarz-grün-gelbe Jamaika-Koalition.

In drei dieser vier Optionen wäre Olaf Scholz nächster Bundeskanzler. Aus Unions-Sicht heißt das: Der letzte Rettungsanker, den nächsten Kanzler selbst zu stellen, wäre Jamaika. Der Weg dahin ist holprig, Strategen in der Union haben ihn aber schon genau durchdacht. Zur ersten Sondierungsrunde dürfte die SPD einladen, nämlich FDP und Grüne zur Ampel. Die schwarze Hoffnung ist, dass die FDP diese Gespräche platzen lässt. Dann würde im nächsten Schritt das Manöver beginnen, die Grünen von Jamaika zu überzeugen. Als Kniff haben sich kluge Köpfe in der Union dafür überlegt, den Grünen das Amt des Bundespräsidenten (wird im Frühjahr 2022 neu gewählt) anzutragen. Katrin Göring-Eckardt könnte die erste weibliche und erste grüne Präsidentin der deutschen Geschichte werden. Die SPD, Scholz und der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wären düpiert. Laut „Focus“ wären führende Liberale bei dieser Idee dabei.

Der Haken daran ist eben die Option ganz links. Alles Locken von Union und FDP wäre nutzlos, wenn sich Rot-Rot-Grün zusammenfände. CDU wie CSU verschärfen deshalb noch mal ihre Warnungen an die Wähler. Eine „große Mehrheit“ wolle das nicht, sagt CDU-Kandidat Armin Laschet. Aus Bayern meldet sich Dobrindt, der mit dem Feueralarm (es war übrigens nur ein Defekt im Dunstabzug), und warnt, das Linksbündnis sei „eine historische Mission von Olaf Scholz“. Das sei „kein politisches Phantom“. Dobrindts CSU droht den Bayern an, sie würden unter Rot-Rot-Grün „massiv benachteiligt“. Besonders hart werde das Beamte (Pension und Bürgerversicherung), Ehepaare (Splitting), Familienunternehmen (Steuer), Bauern und Häuslebesitzer treffen. Außerdem alle auf dem Land, weil sich ein Linksbündnis nicht um ländliche Räume schere, aber auch die Stadt, weil Rot-Rot-Grün die Münchner Stammstrecke stoppen werde. Kurzfassung: also alle.

Ziel der Links-Attacken ist, die Union doch noch irgendwie vor die SPD zu schieben. „Ein schwarzes Wunder“, so nennt das CSU-Chef Markus Söder. Nebenbei treibt vor allem die CSU aber eine andere Sorge um: Dass sich Laschet auch mit einer Rolle als Juniorpartner in einer Großen Koalition zufriedengeben würde. Außer den Alarm-Warnungen vor den Linken senden führende CSU-Politiker deshalb an die CDU eine klare Absage: Eine GroKo unter rotem Kanzler werde man nicht mitmachen. Söder warnte am Montag in einer internen Vorstandsrunde, als Juniorpartner werde die Union weiter massiv zurückfallen. Man solle sich anschauen, welchen Absturz die SPD in der GroKo erlebt habe, wird Söder zitiert.

Lockangebot: eine grüne Präsidentin

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