Scholz’ Blitzbesuch bei seinen Kritikern

von Redaktion

Geldwäsche-Affäre: Der Vizekanzler taucht in einer Sitzung des Finanzausschusses auf

Berlin – Während Union und Opposition sich vorne über die erwartete Abwesenheit des SPD-Kanzlerkandidaten echauffieren, huscht Olaf Scholz durch den hinteren Eingang in den Saal. Entgegen den Erwartungen nimmt er am Montag doch persönlich an der Sitzung des Finanzausschusses zur Affäre um die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU teil. Seinen Wahlkampf-Plan wirbelt das durcheinander.

Damit hatte kaum jemand gerechnet – und entsprechend hatten sie sich angriffslustig präpariert: „Wer Respekt plakatiert, der sollte auch den Respekt gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit leben“, betonte der FDP-Politiker Florian Toncar vor der Sitzung mit Blick auf Scholz. Jetzt sitzt der Finanzminister doch da – und nimmt seinen Kritikern den Wind aus den Segeln. Rund 30 Minuten lang erklärt er die bereits erreichten Reformen bei der FIU, dann beantwortet er Fragen aller Fraktionen, reihum, wie ein Zeuge im Untersuchungsausschuss.

Dass er eine Wahlkampf-Veranstaltung in Baden-Württemberg absagen musste, nervt ihn sichtbar schon. Denn natürlich geht es den anderen Parteien mit der Sondersitzung auch um Wahlkampf. Hintergrund sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU, einer Anti-Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls in Köln, die Scholz’ Finanzministerium zugeordnet ist. FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet haben. In diesem Zusammenhang hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück beim Finanz- und beim Justizministerium angeklopft, um Unterlagen einzusehen.

Die wichtigste Frage sei nun: „Haben Vorgaben aus Berlin zu riesigen Lücken bei der Geldwäsche-Bekämpfung geführt?“, sagte der FDP-Finanzpolitiker Toncar. Das Kernproblem sei der sogenannte risikobasierte Ansatz. „Es gibt ein Raster, mit dem Geldwäschemeldungen gefiltert werden, aber dieses Raster ist offenbar so grob, dass wir bei der Geldwäschebekämpfung rechtsfreie Räume in Deutschland haben, dass es in großem Stil möglich ist, kriminell zu handeln.“ Die Durchsuchung sei nur ein Symptom des Problems.

Scholz wies die Vorwürfe gegen die FIU zurück. Die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in den 30 Jahren zuvor. Sie sei personell aufgestockt worden und habe eine moderne IT-Struktur bekommen. Das Meldungsaufkommen werde weiter steigen. Die Kriterien, welche Geldwäschemeldungen an Behörden weitergegeben werden, würden weiter verbessert.

Die Grünen warfen dem Finanzminister vor, die Sitzung zur Selbstdarstellung genutzt zu haben. „Wieder hat Scholz als Finanzminister alle Verantwortung für das Chaos bei der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU und bei der Geldwäschebekämpfung von sich gewiesen“, erklärte die Finanzpolitikerin Lisa Paus. Er habe „nicht genug getan zur Bekämpfung von Geldwäsche“.

Die Durchsuchung in Scholz’ Ministerium nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hatte auch Fragen aufgeworfen. So waren die gesuchten Unterlagen der Staatsanwaltschaft nach Darstellung des Justizministeriums bereits lange vorher angeboten worden. Die Staatsanwaltschaft stellt das betreffende Telefonat dagegen so dar, dass das Ministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf „den großen Dienstweg“ verwies. T. MÜNCH, W. PENESHKO

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