Linke gewinnt in Italien

von Redaktion

VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom – Die Linke ist zufrieden, die Rechte steckt in der Krise. So lässt sich das Ergebnis der Kommunalwahlen in Italien zusammenfassen. Nach ersten Hochrechnungen konnten sich die Kandidaten der Linksbündnisse in Mailand, Bologna und Neapel schon im ersten Wahldurchgang gegen die der Rechten durchsetzen. In Rom kommt es in zwei Wochen zur Stichwahl zwischen Ex-Finanzminister Roberto Gualtieri, der laut dem Sender Rai rund 30 Prozent der Stimmen bekam, und dem rechtsgerichteten Enrico Michetti (gut 27 Prozent). Amtsinhaberin Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung wurde demnach mit 18 bis 19 Prozent abgewählt. In Turin schnitt der rechte Kandidat Paolo Damilano eher schlecht ab. Stefano Lo Russo, Kandidat einer linken Liste, kam dort auf mehr als 44 Prozent der Stimmen.

Am Sonntag und Montag waren zwölf Millionen Italiener in gut 1100 Kommunen zur Wahl aufgerufen. Die Abstimmungen gerade in großen Städten galten als wichtiger Test für die politischen Verhältnisse im Land und das Gleichgewicht in der Viel-Parteien-Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi. Das verschiebt sich nun zugunsten der Linken, auch wenn die Kräfte im nationalen Parlament durch die Kommunalwahl nicht verändert werden. Besonders gut schnitt der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) von Ex-Premier Enrico Letta ab.

Der amtierende, linksliberale Bürgermeister von Mailand, Giuseppe Sala, konnte sich bereits im ersten Durchgang mit 56 Prozent durchsetzen. Auch in Neapel errang der Kandidat der Linken, Gaetano Manfredi, mit rund 62 Prozent im ersten Durchgang die absolute Mehrheit. In Bologna gewann Matteo Lepore (PD) mit ebenfalls 62 Prozent. In Italien gibt es seit einigen Jahren rasche, drastische Veränderungen im Kräfteverhältnis der Parteien. So schnitt die Fünf-Sterne-Bewegung mit ihrem neuen Parteichef, Ex-Premier Giuseppe Conte, die 2018 landesweit noch über 30 Prozent errungen hatte, eher schlecht ab. Ihre Kandidaten spielten kaum eine Rolle. Die Abwahl Raggis in Rom ist besonders schmerzhaft.

Das konservative bis rechtspopulistische Lager, das an einer gemeinsamen Koalition feilt und bis zum Sommer ein Stimmenplus verzeichnen konnte, schnitt – mit Ausnahme von Rom und den Regionen Kalabrien und Triest – insgesamt schlecht ab. Besonders in Mailand und Turin blieben ihre Kandidaten hinter den Erwartungen zurück. Für Lega-Chef Matteo Salvini ein Rückschlag. Der Konkurrenzkampf zwischen den Rechtsparteien Lega, Fratelli d’Italia und Forza Italia dürfte sich noch verschärfen. Die oft als postfaschistisch bezeichneten Fratelli d’Italia um Giorgia Meloni, die einzige größere Oppositionspartei, sind – anders als die Lega –nicht an der Regierung Draghi beteiligt.

Beide Rechtsparteien, die um die Vorherrschaft im rechten Spektrum kämpfen, waren kurz vor der Wahl in Skandale verwickelt. Beobachtern zufolge beeinflusste das die Wahlbeteiligung, die bei rund 59 Prozent lag. So wurde bekannt, dass der Kommunikationschef Salvinis, Luca Morisi, im August eine Orgie mit männlichen Prostituierten gefeiert hatte und in Besitz von Drogen war. Die Staatsanwaltschaft Verona ermittelt. Auch die Fratelli d’Italia mussten sich gegen Anschuldigungen wehren. Politiker der Partei waren gefilmt worden, wie sie über Tricks zur Verheimlichung von Parteispenden debattierten und faschistische und antisemitische Parolen skandierten. Fratelli d’Italia hatten in Umfragen zuletzt bis zu 20 Prozent bekommen und die Lega überholt.

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