Porto – Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa hat zur Beilegung einer Regierungskrise Neuwahlen für den 30. Januar ausgerufen – und dabei alles getan, um die Bürger seines Landes zu beruhigen. „In solchen Momenten gibt es immer eine demokratische Lösung, ohne Drama und Angst“, sagte das Staatsoberhaupt mit fester Stimme, ja in fast väterlichem Ton. Der Präsident, der in Portugal direkt vom Volk gewählt wird und relativ viel Macht hat, betonte in seiner Rede an die Nation, nach dem Scheitern des Haushaltsentwurfs der linken Minderheitsregierung von Ministerpräsident António Costa habe er keine andere Alternative gehabt.
Das Boulevardblatt „Correio da Manhã“ schrieb am Freitag, die Neuwahl sei der einzige Ausweg aus der politischen Sackgasse, in die das Land im Streit über den Haushalt für 2022 geraten sei. Nun habe das Volk das Wort. Auch der Wahltermin sei richtig, weil er lange genug nach den Weihnachtsfeiern liege und der konservativen Oppositionspartei PSD Zeit lasse, ihre Führungsfrage zu klären.
Die meisten Parteien hätten sich einen früheren Wahltermin gewünscht, etwa den 16. Januar, schrieb die Zeitung „Público“. Nicht nur Costas regierende Sozialisten, sondern auch der PSD-Vorsitzende Rui Rio. Er müsse nun befürchten, dass ein späterer Wahltermin seinem innerparteilichen Gegenspieler Paulo Rangel zugutekomme.
Ob die Worte des 72-Jährigen Präsidenten die Sorgen der 10,3 Millionen Bürger des Landes tatsächlich zerstreuen konnten, ist indes fraglich. Nach dem Scheitern des Etats im Parlament, wuchs die Kritik an mangelnder Kompromissbereitschaft der Politiker – und zugleich die Angst vor der Zukunft. EMILIO RAPPOLD