Polens Mauerpläne werden konkret

von Redaktion

München/Nowosibirsk – Befürworter sprechen von einer „Barriere“, Gegner schimpfen auf die neue „Mauer“: Polen will an der Grenze zu Belarus eine massive Befestigung errichten, um Flüchtlinge am Grenzübertritt zu hindern. An der höchsten Stelle sollen fünf Meter hohe Stahlpfähle in den Himmel ragen, obenauf Stacheldrahtrollen mit einem halben Meter Durchmesser. Hinzu kommen Bewegungssensoren, Tag- und Nachtsichtkameras und 750 zusätzliche Grenzschützer.

Polen macht dicht, bis Mitte 2022 soll die 180 Kilometer lange Anlage stehen. Das Ziel hat Innenminister Mariusz Kaminsky ausgegeben. Zwar muss Präsident Andrzej Duda noch das zugehörige Gesetz unterzeichnen, das gilt aber als Formalie. Auch das Parlament hat bereits für die Anlage gestimmt.

Hintergrund ist der wachsende Andrang von Flüchtlingen, die über Weißrussland in die EU gelangen wollen. Forciert wird das vom belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko. Die EU wirft ihm vor, die Menschen aus Krisengebieten wie Afghanistan, Irak oder Jemen regelrecht einzuschleusen. Auch Litauen hat mit dem Bau eines Zauns entlang der Grenze begonnen und verwehrt fast allen Migranten die Aufnahme. Nur sechs von 4200 Menschen, die über Belarus kamen, erhielten bislang Asyl.

Viele kommen bis nach Deutschland durch, allein im Oktober waren es über 5000. Und die Entwicklung ist ungebrochen. Allein in Vorpommern wurden Polizeiangaben zufolge in den ersten Novembertagen gut 80 Männer und Frauen bei illegalen Einreisen gestoppt.

In dieser Situation hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán dem Westen angeboten, Korridore für Flüchtlinge und Migranten durch sein Land zu öffnen. „Wenn ihr sie braucht, nehmt sie“, sagte der rechtsnationale Regierungschef in einem Rundfunk-Interview. Ungarn hat allerdings keine gemeinsame Grenze mit Weißrussland und liegt daher nicht auf der derzeit stark frequentierten Belarus-Route. 2015 hatte das Land angesichts des damaligen Flüchtlings-Andrangs einen Zaun an der Grenze zu Serbien errichtet.

In Berlin sorgt die Entwicklung für Zwist. Der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg warf SPD, Grünen und FDP vor, bedenkliche Signale ins Ausland zu senden. Es sei falsch, „in dieser Situation auch noch Anreize zu setzen, die den Migrationsdruck auf die EU und Deutschland erhöhen“, sagte er. Genau das tue aber das Ampel-Sondierungspapier, „unter anderem durch den darin vereinbarten Spurwechsel für abgelehnte Asylbewerber“ – von der Erwerbs- in die Asylmigration.

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