Habecks Ausweg aus der Gasumlage

von Redaktion

VON HANNES KOCH UND MIKE SCHIER

München/Berlin – Es waren ziemlich erschütternde Zahlen, die der von Umfragen lange verwöhnte Robert Habeck da vor einigen Wochen zu sehen bekam. Nur 17 Prozent hielten in einer Insa-Befragung die Gasumlage des Wirtschaftsministers für eine gute Sache. Satte 72 Prozent lehnten die Pläne ab. Sein Bild bei den Deutschen hat mächtig gelitten, seit er die unter massivem Zeitdruck erdachte Umlage vorstellte. Aber vielleicht findet er nun einen eleganten Ausweg, der sich durch die Uniper-Verstaatlichung bietet.

Jedenfalls berichtete die ARD am Dienstagabend erstmals über „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“ des Grünenpolitikers. Es werde zunehmend deutlich, dass „die instabile Lage die Garantie und alle Finanzkraft des Staates braucht, die nötig ist“, sagte ein Regierungsvertreter. Zur Erinnerung: Auf Beschluss der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP soll die Umlage eigentlich den Preis pro Kilowattstunde Erdgas vorübergehend um 2,4 Cent erhöhen. Das würde für Privathaushalte beispielsweise Mehrkosten von zehn oder 20 Euro monatlich ausmachen. Die Einnahmen – etwa 30 Milliarden Euro – sollen verwendet werden, um die Verluste von Gasimporteuren wie Uniper und VNG zu decken. Diese müssen für Importe nun horrende Preise zahlen, weil die billigen russischen Lieferungen wegen des Angriffs auf die Ukraine ausgefallen sind.

Weil es Deutschlands größtem Gasimporteur Uniper jedoch zunehmend schlechter geht, könnte der Bund bald die Anteilsmehrheit der Firma übernehmen. Dies hätte auch Auswirkungen auf die geplante Umlage. Es sei rechtlich zweifelhaft, ob verstaatlichte Unternehmen von dieser profitieren dürften, sagte der Regierungsvertreter. Auch bei den Grünen gibt es inzwischen „ernsthafte Bedenken bei der Umsetzung“. Alternativ könne man über eine direkte Unterstützung aus Haushaltsmitteln des Bundes nachdenken. Vorteil: Der Betrag muss dann von allen Steuerzahlern aufgebracht werden – nicht nur von den Gaskunden.

Noch diese Woche soll der Bundestag über die Gasumlage abstimmen. Das will die CDU-CSU-Opposition durchsetzen, die die Preiserhöhung für Erdgas ablehnt. „Die handwerklich fehlerhafte und sozial ungerechte Gasumlage gehört abgeschafft“, heißt es im Antrag der Union, der momentan für Freitag auf der Tagesordnung des Bundestages steht. „Die Gasumlage ist Murks, sie bleibt Murks“, sagte Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Union.

Insgesamt hat die Gasumlage eine ziemlich verkorkste Geschichte. Die Grundidee war nicht schlecht: Habeck wollte die Mehrkosten auf alle Verbraucher verteilen und dadurch dämpfen. Sonst hätten nur die Verbraucher und Firmen gigantische Rechnungen bekommen, die von Importeuren abhängen, die jetzt kein russisches Gas mehr erhalten. Freilich ist nicht wegzudiskutieren, dass die Umlage die ohnehin schon steigenden Gasrechnungen weiter erhöht. Für Unmut sorgte zudem, dass einige Gasimporteure Anträge auf Finanzierung aus der Umlage beantragten, die zwar Verluste wegen des Russland-Geschäfts, insgesamt aber Gewinne erwirtschafteten.

Die Opposition lässt die Regierung nicht vom Haken. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf Habeck einen unverantwortlichen Umgang mit der Energiekrise vor. Dass der Minister auf ein bisschen Glück im Winter hoffe, sei unverantwortlich gegenüber Bürgern, Betrieben und dem Land. „Das ist Habecks Blackout-Bingo, was da gespielt wird.“

Artikel 1 von 11