Anschlag auf Nord Stream

Krieg in der Grauzone

von Redaktion

VON KLAUS RIMPEL

So unklar vieles noch ist, eines zeigt der Anschlag auf die Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 überdeutlich: Im Schatten der „klassischen“ Schlachten mit Panzern und Raketen in der Ukraine läuft längst auch ein hybrider Krieg, der die Grundlagen unserer modernen Gesellschaft attackiert. Strom, Heizung, Internet: Alles, was unseren Alltag so scheinbar selbstverständlich beherrscht, ist extrem verletzlich. Dieser heimliche Krieg via Internet-Hackern oder Kampfschwimmern will Ängste schüren, will Gesellschaften destabilisieren.

Doch ähnlich diffus wie die Suche nach Tätern und Motiven nach diesem Sabotageakt auf die Pipelines ist auch die Frage, wie er sich auswirken wird: Die Verunsicherung auf den Gasmärkten, die den Preis weiter nach oben treibt, dürfte sich schnell wieder legen, zumindest falls es keine weiteren Anschläge gibt. Langfristiger ist da der Lerneffekt in Bezug auf Nord Stream: Selbst die größten Putin-Freunde in Deutschland können künftig nicht mehr bei Demos oder in Talkshows fordern, Russland nachzugeben, um sich dafür mit Gas aus der Nord-Stream-Leitung belohnen zu lassen. Die Pipeline ist nun weitgehend unbrauchbar. Russland verliert damit also ein wichtiges Druckmittel. Deshalb wäre durchaus vorstellbar, dass Putins Gegner hinter der Pipeline-Zerstörung stecken. Aber in den undurchschaubaren Grauzonen des hybriden Krieges ist genauso denkbar, dass der Kreml sich längst damit abgefunden hat, dass die Gas-Geld-Geschäfte mit Deutschland unwiederbringlich vorbei sind. Da wäre es dann nur konsequent, die Pipeline als Symbol des Ost-West-Friedens zu zerstören.

Klaus.Rimpel@ovb.net

Artikel 1 von 11