Berlin – Die Länder pochen beim Bund gemeinsam auf eine zügige Klärung, wie hoch die geplanten Entlastungen für Privathaushalte und Unternehmen in der Energiepreis-Krise ausfallen sollen. „So lange wir noch nicht ganz genau wissen, welche Teile der Bevölkerung werden denn jetzt in welchem Maße entlastet, können wir auch relativ schwer die Frage beurteilen, wo braucht es zusätzliche Hilfsprogramme, welche Bereiche sind nicht erfasst“, sagte der neue Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), am Dienstag in Berlin vor Gesprächen der Länder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Doch viel Klarheit scheint auch der Gipfel nicht gebracht zu haben. „Da gibt es noch Diskussionen, wie das im Einzelnen geschultert werden kann“, sagte Scholz nach den Beratungen. „Aber ich habe den Eindruck, dass wir da auf einem sehr konstruktiven Pfad unterwegs sind und uns auch miteinander über diese Aufgabe verständigen werden.“ Scholz rechnete vor, dass die bisherigen Entlastungspakete und das nun geplante Sondervermögen zusammen ein Volumen von 295 Milliarden Euro haben werden. „Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanzieren“, sagte der Kanzler.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich nach den Gesprächen enttäuscht. „Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt“, sagte der Grünen-Politiker. So habe man sich nicht einigen können bei der Frage eines „Billigtickets“ für den Nahverkehr, sagte Kretschmann. Es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen. Nächste Woche werde geklärt, ob eine Einigung komme.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte im Vorfeld angeboten, dafür die sogenannten Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Die Länder halten das auch angesichts hoher Energiepreise für zu wenig, um dauerhaft attraktiven Nahverkehr anbieten zu können. Generell soll es ein bundesweites ÖPNV-Ticket geben, Ziel ist ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat.
Geeinigt habe man sich, dass es zu einer spürbaren Senkung des Gaspreises kommen werde, sagte Kretschmann. Die Strompreise würden dem nachfolgen. Einigkeit sei da gewesen, dass Unternehmen, Institutionen und Bürger spürbar entlastet würden. Über andere Dinge habe man sich aber noch nicht einigen können, weil die Ausgestaltung der Gaspreisbremse davon abhänge, ob weitergehende Hilfen etwa für Unternehmen oder Krankenhäuser nötig seien. Das müsse danach zügig geklärt werden. Kretschmann nannte als zentrale Konfliktpunkte Geld für Kliniken, Wohngeld und die Übernahme von Flüchtlingskosten. Bis Ende des Monats soll geklärt werden, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteilige.
Wüst (CDU) forderte „einen Pakt der nationalen Einheit, um die Menschen und das Land gut durch Herbst und Winter zu kriegen“. Die Bundesregierung habe aber kaum Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Man sei nur wenige Schritte vorangekommen. Die Menschen wollte aber schnelle und verbindlich wissen, wie hoch die Entlastungen konkret für sie ausfallen.
Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission zur Gaspreisbremse will unterdessen am kommenden Wochenende einen „belastbaren Vorschlag“ vorlegen. Das erklärten die Vorsitzenden der Kommission am Dienstag nach der zweiten Sitzung auf dpa-Anfrage.