Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Bezahlung homöopathischer Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen auf den Prüfstand stellen. „Obwohl die Homöopathie vom Ausgabenvolumen nicht bedeutsam ist, hat sie in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik keinen Platz“, sagte Lauterbach dem „Spiegel“ nach Angaben vom Donnerstag. „Deshalb werden wir prüfen, ob die Homöopathie als Satzungsleistung gestrichen werden kann.“
Die Krankenkassen bieten über ihre gesetzlichen Regelleistungen hinaus sogenannte Satzungsleistungen an, mit denen sie um Kundinnen und Kunden werben. Dazu zählen bei vielen Kassen auch homöopathische Arzneimittel, obwohl es keine wissenschaftlichen Belege für deren Wirksamkeit jenseits des Placebo-Effekts gibt.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist in diesem Zusammenhang auf den Trend der vergangenen Jahre: Laut Daten des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie seien sowohl die Verordnungen als auch die Umsätze für homöopathische Präparate in der gesetzlichen Krankenversicherung rückläufig. Während die Kassen 2019 noch knapp neun Millionen Euro für homöopathische Leistungen wie Anamnese und Arzneimittel ausgaben, waren es 2020 nur noch 6,7 Millionen Euro.
Lauterbach hatte dieses Fördersystem als Bundestagsabgeordneter wiederholt scharf kritisiert. 2019 forderte er, den Krankenkassen die Mitfinanzierung von Homöopathie zu verbieten. Als Gesundheitsminister hatte sich Lauterbach in dieser Richtung bislang jedoch bedeckt gehalten. Im März begrüßte er via Twitter allerdings den Beschluss des Deutschen Ärztetages, dass Ärztekammern künftig keine Weiterbildungen mehr für Homöopathie anbieten sollen.
Aus der FDP kommen ebenfalls Forderungen, homöopathische Mittel künftig nicht mehr von den gesetzlichen Kassen bezahlen zu lassen. Mit Widerstand ist aus den Reihen der Grünen zu rechnen, die in Sachen Homöopathie zerstritten sind. Die Grünen-Landesvorsitzende von Baden Württemberg, Lena Schwelling, beklagte zuletzt sogar „einen Kreuzzug“, der gegen das Thema gefahren werde. Und der grüne Gesundheitsminister in Stuttgart, Mane Lucha, erklärte, er glaube an die Wirksamkeit der Homöopathie.
Außerhalb der Ampel-Parteien stoßen Lauterbachs Pläne auch in der bayerischen CSU auf Widerspruch. „Ich empfehle dem Bundesgesundheitsminister, das nicht weiter zu verfolgen“, sagte Bernhard Seidenath unserer Zeitung. Der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion betont: „Es gibt nicht wenige Leute, die auf homöopathische Behandlungen schwören und denen sie helfen.“ Wer die Kassenfinanzierung der Präparate streiche, der schränke deshalb die Therapiefreiheit ein. Und wenn es darum gehen solle, die Kassenfinanzen zu sanieren, sei dieser Plan höchstens ein „Placebo“.
Basis für homöopathische Arzneimittel können pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen sein. Die extrem verdünnten Stoffe werden zum Beispiel in Form von Kügelchen (Globuli) verabreicht. Wissenschaftlicher Konsens ist, dass für homöopathische Behandlungen keine Wirkung nachgewiesen ist, die über Placebo-Effekte hinausgeht. hor/afp/dpa