Berlin – Auch wenn die Ampel-Koalition offenbar einen Weg gefunden hat, um auch aus dieser Streitfrage offiziell gemeinsam herauszufinden, reißt der Ärger um den geplanten China-Einstieg im Hamburger Hafen nicht ab. Denn mögen die grünen Minister auch eingelenkt haben: „Wir Grüne halten den Verkauf kritischer Infrastruktur an China für gefährlich“, bekräftigt der Vorsitzende Omid Nouripour am Dienstag die generelle Position seiner Partei.
Nach dem geplanten Ampel-Kompromiss soll sich der chinesische Cosco-Konzern zwar an dem Terminal Tollerort im Hamburger Hafen beteiligen dürfen – aber nur mit einem kleineren Anteil als ursprünglich vorgesehen. Die chinesische Staatsreederei soll demnach nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent. Der Konzern könnte dann als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.
Neben den Grünen übt auch die Opposition scharfe Kritik an der Einigung. „Die Bundesregierung darf der chinesischen Salamitaktik nicht auf den Leim gehen“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auch eine Beteiligung von rund einem Viertel an dem Containerterminal schaffe neue einseitige Abhängigkeiten. Und CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hält fest: „Es ist und bleibt eine strategisch falsche Entscheidung.“ Die Abhängigkeit großer Teile der deutschen Industrie von China werde im Konfliktfall, der sich mit der gewünschten Wiedervereinigung mit Taiwan bereits andeute, „die deutsche Wirtschaft in ihrem Kern treffen“.
Tatsächlich ist die Entscheidung am Dienstag auch in Taiwans Hauptstadt Taipeh ein Thema. „Der Kanzler macht mit diesem Deal einen Knicks vor Xi Jinping“, sagt dort Michael Brand. Der CDU-Politiker ist mit dem Menschenrechtsausschuss des Bundestags nach Taiwan gereist, um dem Inselstaat Solidarität zuzusagen – man werde den Einfluss Chinas in Deutschland weiter zurückdrängen, sagten die Abgeordneten nach ihrem Treffen mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-Wen. Olaf Scholz’ Flirt mit Cosco passt allerdings nicht zu diesem Versprechen. Kurz nachdem Machthaber Xi am Wochenende erneut seine absolute Macht in China zementiert hatte – und nur wenige Tage vor Scholz’ Reise nach Peking – setze die Bundesregierung nun ein „völlig falsches Signal“, klagt Brand. „Unsere Abhängigkeit von Russland war falsch.“ Genauso falsch sei nun auch der Deal mit China, sagt der CDU-Abgeordnete.
„Es verbietet sich meiner Auffassung nach völlig, auch nur ansatzweise kritische Infrastruktur an einen chinesischen Staatskonzern zu verkaufen“, sagt auch Peter Heidt (FDP), Delegationsleiter des Menschenrechtsausschusses. „Wir müssen jetzt eine komplett andere Richtung einschlagen und unsere Abhängigkeiten von China lösen.“ SPD-Politikerin Derya Türk-Nachbaur drückt sich hingegen zurückhaltender aus. „Meine Kritik daran lässt sich nicht verheimlichen“, sagt sie. Es werde aber auch nicht gleich der „Hamburger Hafen verkauft“, sondern es gehe nur um Beteiligungen an einem Terminal. kb, hor