„Wo ist Nancy?“: Attacke schockt USA

von Redaktion

VON ANDREJ SOKOLOW

San Francisco – Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in den USA ist der Ehemann der Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi im Haus des Paars angegriffen und schwer verletzt worden. Mitten im aggressiv geführten Wahlkampf brach ein Mann nachts in San Francisco in das Haus ein und verlangte nach der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses. Die 82-jährige Demokratin war nicht zu Hause. Als die Polizei eintraf, schlug der Angreifer mit einem Hammer auf ihren gleichaltrigen Ehemann Paul Pelosi ein. Die Attacke verstärkte in den USA die Angst vor politisch motivierter Gewalt. Präsident Joe Biden zog eine Verbindung zur Rhetorik der Republikaner um Vorgänger Trump.

Nancy Pelosi, Demokratin, wird rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht – für Familien auch prominenter Kongressmitglieder ist aber kein Schutz vorgesehen. Angesichts der seit Jahren aufgeheizten Stimmung in der polarisierten US-Politik wird dies von Experten kritisiert.

Paul Pelosi musste nach dem Angriff in der Nacht zum Freitag wegen eines Schädelbruchs und ernster Verletzungen am rechten Arm und den Händen operiert werden, wie ein Sprecher mitteilte. Die Ärzte erwarteten aber, dass er sich vollständig erholen werde. Nancy Pelosi sagte am Sonntag , dass sich der Zustand ihres Mannes verbessere. „Unsere Kinder, unsere Enkel und ich sind untröstlich und traumatisiert angesichts des lebensbedrohlichen Angriffs auf unseren Paps.“

Der 42-jährige Angreifer wurde festgenommen. Medienberichten zufolge rief er bei dem Überfall: „Wo ist Nancy?“ Er soll auch geplant haben, Paul Pelosi zu fesseln und auf die Rückkehr der Politikerin zu warten. Nancy Pelosi war jedoch in Washington. Nach Polizeiangaben gelang es ihrem Mann, den Notruf zu wählen. Die Mitarbeiterin der Notruf-Hotline habe seine Unterhaltung mit dem Angreifer mitgehört und die Polizei losgeschickt.

Nach Angaben der Polizei wurde der Angreifer unter dem Verdacht des versuchten Mordes sowie anderer Verbrechen festgenommen. US-Medien fanden seine Online-Profile, wonach er sich für Verschwörungstheorien, Falschinformationen über die angebliche Gefahr von Corona-Impfstoffen sowie Trumps Lügen über Betrug bei der Präsidentenwahl 2020 interessierte. Nancy Pelosi ist ständiges Ziel verbaler Attacken der politischen Rechten. Trump nennt sie immer wieder „Crazy Nancy“ und machte sie über die Jahre zur Hassfigur für seine Anhänger.

Trump-Fans hatten auch bei der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021 nach Pelosi gesucht. Ihr Büro wurde verwüstet. Die Parlamentsvorsitzende versuchte unterdessen von einem sicheren Ort aus, den Schutz des Gebäudes zu organisieren.

Auch Biden betonte am Wochenende, dass die Angreifer im Kapitol unter anderem „Wo bist du, Nancy?“ riefen. Er machte die Republikaner für die Verrohung des politischen Klimas verantwortlich. Dieses Gerede müsse aufhören. „Es gibt zu viel politische Gewalt, zu viel Hass.“ Drohungen gegen Politiker und auch ihre Familienmitglieder nehmen in den USA schon seit einiger Zeit zu. Neben Demokraten sind oft auch Republikaner betroffen, die nicht Trumps Linie folgen. In den vergangenen Monaten wurden Personen mit Waffen in der Nähe der Wohnhäuser der demokratischen Abgeordneten Pramila Jayapal und eines Richters am Obersten Gericht, Brett Kavanaugh, entdeckt.

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