Die Bilder vom Sommer 2021 sind noch in den Köpfen. Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan geriet zum Chaos. Tausende Ortskräfte mussten zurückgelassen werden. Bei der Sicherung des Flughafens in Kabul war man von der Unterstützung der Amerikaner abhängig.
Schon um eine solche Situation nicht noch einmal entstehen zu lassen, ist es sinnvoll, dass die EU ihre Kräfte bündeln will, um endlich eine wirklich schlagkräftige gemeinsame schnelle Eingreiftruppe aufzustellen, die im Ernstfall Menschen aus Krisenregionen herausholen oder – schwer bewaffnet – sogar Schutzzonen einrichten kann. Gleichzeitig stellt sich unweigerlich die Frage, warum bisherige Schritte in diese Richtung letztlich nie von großem Erfolg gekrönt waren. Es ist im Nachhinein kaum zu fassen, wie blauäugig von der EU – und ganz besonders von Deutschland – die Wahrung der eigenen Sicherheit viele Jahre bequem anderen überlassen wurde. Das Erwachen begann zunächst zaghaft mit der US-Präsidentschaft von Donald Trump, der klarmachte, dass amerikanischer Rundum-Schutz auch für Nato-Mitglieder kein Naturgesetz ist. Und seit Putins Angriff auf die Ukraine steht Europa nun senkrecht im Bett.
Jetzt heißt es aufzuholen. Dass es in außenpolitisch schrofferen Zeiten mehr Investitionen in die Bundeswehr braucht, scheint in Deutschland mit der „Zeitenwende“-Rede von Olaf Scholz angekommen. Doch Europa braucht, wenn es stark sein will, auch mehr militärische Kooperation und Koordination. Eine funktionierende gemeinsame Eingreiftruppe wäre da zumindest ein Anfang.
Sebastian.Horsch@ovb.net