Asyl: Aiwanger attackiert Söder

Für die CSU geht es bald um die Existenz

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Buße tun, Reue zeigen – das sei es, was er jetzt von seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger erwarte, sagte Ministerpräsident Markus Söder bei der Verkündung von dessen Weiterbeschäftigung. Doch die Rolle des demütigen Sünders kommt in Aiwangers Drehbuch nicht vor. Lieber geht er Söder und seiner CSU jetzt auch in der Königsdisziplin Asylpolitik an die Gurgel. Sie trügen eine „ganz klare Mitschuld“ am Ausmaß der illegalen Migration und am Aufstieg der AfD, giftet der Freie-Wähler-Chef in Richtung des Koalitionspartners. Söder bringt das in Verlegenheit. Das Thema Migration hat der CSU-Chef im Wahlkampf (zu) lange umkurvt, aus schlechtem Gewissen und aus Sorge, der AfD in die Hände zu spielen. Sein Konter – die Wiederbelebung von Seehofers Zuwanderungs-„Obergrenze“, bei Söder heißt sie „Integrationsgrenze“ – kommt spät.

Der gerissene Volkstribun Aiwanger bringt Europas stolzeste und erfolgreichste Regionalpartei in eine prekäre, ja existenzbedrohende Lage. Es dürfe rechts von ihr keine demokratisch legitimierte Partei geben, hatte Franz Josef Strauß den Seinen stets eingebläut. Stattdessen gibt es mit AfD und Freien Wählern jetzt schon zwei davon, die gemeinsam fast so viele Stimmen einheimsen wie die alte Staatspartei CSU. Stoiber konnte die „Republikaner“ 1993 nach dem Asylkompromiss mit der SPD noch niederringen. Ähnliches ist heute angesichts des europaweit erstarkenden Rechtspopulismus, der nachlassenden Bindekraft der Volksparteien und der anhaltenden Enttäuschung über Merkels Asylpolitik nicht mehr zu erhoffen.

Schon kursiert bei den Strauß-Erben ein Schreckensszenario: Es ist möglich, dass Aiwanger der CSU bei der Bundestagswahl 2025 so viele Stimmen abjagt, dass die Regionalpartei wegen des neuen Wahlrechts und des Wegfalls der Direktmandatsklausel an der 5-%-Hürde scheitert und den Einzug ins Parlament verfehlt (zuletzt holte die Söder-CSU 5,2 %) , wogegen die bundesweit antretenden FW auf der Woge von Aiwangers neuer Popularität den Sprung in den Bundestag schaffen könnten. Das wäre ein Desaster nicht nur für die CSU, sondern auch für die Stabilität der politischen Mitte Deutschlands.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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