Mehr als eine Million Rentner gehen arbeiten

von Redaktion

Große Mehrheit macht Minijobs – Arbeitsministerium sieht Gründe in „Spaß an der Arbeit“

München – Mehr als eine Millionen Menschen in Deutschland arbeiten, obwohl sie im Rentenalter sind: Laut dem Bundesarbeitsministerium gehen derzeit 1 123 000 Menschen über 67 einer Beschäftigung nach. Das sind etwa 56 105 mehr als noch im vergangenen Jahr.

Die große Mehrheit ist über 520-Euro-Minijobs beschäftigt, heißt es in der Ministeriumsantwort auf eine Anfrage der Linken, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Die Zahl setzt sich demnach aus 251 000 sozialversicherungspflichtig sowie 872 000 ausschließlich geringfügig beschäftigten Rentnern zusammen. In Bayern haben mehr als 152 000 Rentner einen Minijob – etwas mehr als 40 000 Senioren sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Dass so viele ausschließlich geringfügig beschäftigt sind, sieht die Linke als klares Indiz dafür, dass immer mehr Rentner arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. „Immer mehr Menschen müssen auch noch mit über 67 Jahren arbeiten, das ist eine traurige Entwicklung und ein Symptom eines kaputten Rentensystems“, sagte der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Sören Pellmann. Niedrige Renten und hohe Preise würden immer mehr Senioren zum Weiterarbeiten zwingen. „Für viele ist das keine freiwillige Entscheidung, sondern notwendig, um über den Monat zu kommen“, kritisierte Pellmann.

Das Ministerium erklärte hingegen in seiner Antwort, Erwerbsarbeit im Ruhestand habe vielfältige und nicht nur finanzielle Gründe. Es verwies in diesem Zusammenhang auf eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dort heißt es unter anderem, die meisten Rentenbeziehenden hätten keine finanziellen Gründe für ihre Erwerbsarbeit angegeben, sondern beispielsweise Spaß an der Arbeit oder das Bedürfnis nach einer sinnvollen Aufgabe und sozialen Kontakten. Die Wahrscheinlichkeit, im Ruhestand einer Erwerbsarbeit nachzugehen, sei bei hohem Bildungsniveau am größten. Zugleich sei sie bei Personen, die ohne ihr Erwerbseinkommen über ein relativ geringes Haushaltseinkommen verfügten, höher als bei denjenigen mit besseren finanziellen Ressourcen.

Laut dem Bericht sind die finanziellen Motive für die Erwerbsarbeit im Rentenalter aber auch nicht zu vernachlässigen: Sie werden demnach von mehr als 40 Prozent der Rentner als „zusätzlicher Beweggrund“ genannt. Im Schnitt seien die Renten und das Haushaltseinkommen der arbeitenden Rentner ohne den Hinzuverdienst niedriger bei denjenigen, die im Ruhestand nicht mehr erwerbstätig sind. Das Institut weist darauf hin, dass „Erwerbstätigkeit im Ruhestand keine dauerhafte Alternative ist“ – vorrangiges Ziel müsse sein, dass Menschen genug Rente im Verlauf des Arbeitslebens bis zur Regelaltersgrenze erwerben.

Der Linken-Fraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, hatte vergangene Woche eine außerordentliche Rentenerhöhung von zehn Prozent oder mindestens 200 Euro im Monat gefordert. Er verlangte zudem, das Rentenniveau in Deutschland müsse wieder auf „mindestens 53 Prozent“ angehoben werden – von derzeit etwa 48 Prozent.

Experten rechnen damit, dass die Renten ab 2024 wieder deutlich steigen dürften: Renten-Experte Bernd Raffelhüschen sagte kürzlich gegenüber der „Bild“: „Ab Mitte 2024 bekommen Rentner ein Plus von mindestens 5,5 bis sechs Prozent“.

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