München – Die Materie ist so staubtrocken, dass nur noch ein Eklat hilft, um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Also läuft der AfD-Abgeordnete Christoph Maier ans Pult und ruft immer wieder das gleiche Wort: „Ermächtigungsgesetz, Ermächtigungsgesetz“.
Ein großes Wort für einen kleinen Vorgang. Mit ihrer Mehrheit haben CSU, Freie Wähler und SPD am Mittwoch die Geschäftsordnung des Landtags so geändert, dass die Vorsitze der Fachausschüsse in einer anderen Reihenfolge ausgewählt werden. Dahinter verbirgt sich die Absicht, der AfD als derzeit größter Oppositionsfraktion den Zugriff auf die heiklen Ausschüsse für Haushalt, Inneres und Verfassung zu verwehren. Das gelingt mit einer sehr spitzfindigen Änderung des Zählsystems. Nun erhalten CSU und Freie Wähler nicht mehr Posten, können sie aber früher aussuchen.
Maiers Anspielung auf das Gesetz, das 1933 den Nazis den Weg bahnte, bleibt nicht die einzige schrille Übertreibung der Debatte. Auch ein CSU-Abgeordneter sorgt für Irritationen, weil er den Grünen kategorisch fortan „jedes moralische Recht“ abspricht – weil sie dem neuen Zählsystem nicht zustimmen.
Die Ausschüsse sind nun verteilt. Die CSU stellt nun unter anderem die Ausschuss-Chefs für Finanzen, Verfassung (hier wird auch über Immunität geredet), Wohnen, Gesundheit und Bildung; der Partner FW stellt die Vorsitzenden für Inneres und Wissenschaft. Die Grünen sichern sich den großen Wirtschaftsausschuss, die SPD den Sozialbereich. Die AfD soll Chefs für Agrar und für Europa vorschlagen. Ob sie ihre Kandidaten durchbekommt, entscheidet sich in den Sitzungen am 21. November. Die Wahl ist frei und geheim. Von sehr vielen Abgeordneten – darunter CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek – sind massive Zweifel zu hören, AfD-Bewerber zu wählen. Klar ist zudem, dass die AfD von der dreiköpfigen G10-Kommission ausgeschlossen bleibt, die Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes genehmigt.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER