Mit der Entlassung ihrer Staatssekretärin zieht Wissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger die Notbremse in einer Affäre, an deren Eskalation sie alles andere als schuldlos ist. Der Anlass ist eigentlich banal: Berliner Hochschullehrer protestierten gegen die Räumung eines Camps pro-palästinensischer Aktivisten und Studenten vor der Freien Universität Berlin. Gewiss, der Brief hatte unglückliche Formulierungen, forderte „Meinungsfreiheit“ für eine inhaltlich zweifelhafte Sache und enthielt auch kein distanzierendes Wort zum Überfall der Hamas am 7. Oktober. Aber dass ihn auch höchst respektable Wissenschaftler wie etwa der renommierte Holocaust-Forscher Michael Wildt unterschrieben, hätte Stark-Watzinger nachdenklich stimmen können. Stattdessen überschlug sie sich im Verein mit der „Bild“ kampagnenartig in Empörung und Stimmungsmache. Mut zur Differenzierung hatte sie nicht. Ihre Staatssekretärin übrigens machte da nicht mit.
Es liegt nahe – ist aber Stand jetzt nicht zu beweisen –, dass es auch in Stark-Watzingers Sinne war, den Entzug von Forschungsgeldern für die missliebigen Hochschullehrer zu prüfen. Das indes geht gar nicht. Forschungsgelder gehen nicht aufs Privatkonto einer Person, sondern sind für konkrete Vorhaben gedacht. Entweder sind die förderwürdig – oder aber nicht. Darüber entscheiden Gremien, nicht eine Ministerin. Diese hat jetzt ein Bauernopfer gefunden – in der durchaus empfindlichen Wissenschaftslandschaft, deren Nachdenklichkeit im Empörungs-Geschrei leider oft untergeht, aber erheblich an Reputation verloren. Dirk.Walter@ovb.net