Milliardendeal um Europium und Gas

von Redaktion

USA und Ukraine gründen einen Fonds, um den Wiederaufbau zu finanzieren

München – Nach langen und extrem harten Verhandlungen haben die USA und die Ukraine sich am Mittwochabend in Grundzügen auf einen Rohstoffdeal geeinigt, mit dem die Vereinigten Staaten sich ihre wirtschaftliche und militärische Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes vergüten lassen. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Was genau beinhaltet der Deal?

Ukraine und USA bauen einen gemeinsamen Investitionsfonds auf, aus dem der Wiederaufbau des Landes finanziert werden soll. In ihn fließen 50 Prozent der Einnahmen von Rohstoffverkäufen sowie der für den Umschlag der Bodenschätze wichtigen Häfen und anderer Infrastruktur. Beide Länder wollen diese Rohstoffe gemeinsam fördern.

Um welche Rohstoffe geht es?

Ein wesentlicher Faktor sind sogenannte seltene Erden: eine Gruppe von 17 Metallen mit Namen wie Neodym, Cerium, Europium oder Dysprosium. Sie sind wichtig für die Produktion von Bildschirmen, Magneten oder Katalysatoren. Die Ukraine verfügt auch über ein Drittel der gesamten europäischen Lithium-Vorkommen, die die Autoindustrie für ihre Akkus benötigt, zudem geht es um beträchtliche Mengen an Mangan, Eisen und Quecksilber. Bei Uran und Titan ist die Ukraine europaweit Nummer eins bzw. zwei. Die Erdgasvorkommen sind hinter Norwegen die zweitgrößten Europas, auch an Steinkohle ist das Land reich.

Wie leicht sind all diese Bodenschätze zugänglich?

Hier wird es kompliziert. Viele Vorkommen liegen in Regionen, die von Russland besetzt sind: ein Viertel des ukrainischen Lithiums, knapp die Hälfte der Metallerze, ein Fünftel des Erdgases, zwei Drittel der Steinkohle. Andere Gebieten liegen im Westen des Landes – in den Karpaten, wo die Förderbedingungen schwierig sind.

Sind auch Rohstoffe ausgeklammert?

Kein Bestandteil des Vertrages sind Vorkommen, die bereits jetzt für den ukrainischen Haushalt bestimmt sind. Die Einnahmen der staatlichen Gas- und Ölproduzenten Naftogaz und Ukrnafta fließen weiterhin in den Haushalt.

Wie teuer wird der Wiederaufbau der Ukraine?

Die Weltbank beziffert die Kosten auf mindestens 524 Milliarden US-Dollar (506 Milliarden Euro) über die kommenden zehn Jahre. Dafür müssen aber erst mal die Waffen ruhen.

Gibt es Sicherheitsgarantien für die Ukraine?

Noch nicht konkret. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sagte jedoch, man denke nicht daran, „ein Abkommen ohne Sicherheitsgarantien zu unterzeichnen“. Der Text halte fest, dass das Abkommen Teil einer künftigen umfassenden Friedens- und Sicherheitslösung für sein Land sei.

Wo kommen die USA der Ukraine entgegen?

Eine erste Forderung über ein Liefervolumen von bis zu 500 Milliarden Dollar, das die Ukraine empört abgelehnt hatte, taucht in dem neuen Entwurf nicht mehr auf. Auch eine vollständige US-Kontrolle ist vom Tisch, beide Partner sind gleichberechtigt.

Wann tritt der Vertrag in Kraft?

Präsident Wolodymyr Selenskyj will vorerst nur ein Rahmenabkommen unterzeichnen. „Es ist noch zu früh, über Geld zu reden“, sagte er. Der tatsächliche Vertrag soll später folgen und muss dann im Parlament ratifiziert werden.

Wie reagiert die EU?

Der Vertrag soll nicht in Widerspruch stehen mit anderen internationalen Abkommen, etwa mit der EU. Anders als die USA beabsichtigt die nicht, sich über ähnliche Vereinbarungen die Unterstützung des kriegsgeplagten Landes vergüten zu lassen. Brüssel befürchtet aber, dass ein schlechter Deal mit den USA dazu führen könnte, dass Institutionen wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) die Kreditvergabe an die Ukraine begrenzen oder sogar stoppen müssten. Hintergrund ist, dass der Vertrag je nach Ausgestaltung die Einnahmen der Ukraine und damit auch ihre Kreditwürdigkeit negativ beeinflussen würde. MARC BEYER

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