Informeller Ton: Im Chat wurden Emojis benutzt.
US-Vizepräsident Vance und US-Verteidiungsminister Pete Hegseth im Oval Office. © AFP
Washington – Auf einem unsicheren Chat-Kanal, auf dem sonst Teenager ihre Partys absprechen, hat die US-Regierung über konkrete Angriffspläne gegen Huthi-Stellungen im Jemen geplaudert – und das volle Ausmaß ihrer Verachtung gegenüber Europa offenbart. Sicherheits- und Rechtsexperten bezeichneten den Vorgang als „fahrlässig“ und „entsetzlich“, CNN sprach von „einer der schockierendsten Indiskretionen im Bereich der nationalen Sicherheit“ seit Jahren.
Teilnehmer der Gruppenunterhaltung über die verschlüsselte Messenger-App Signal sollen unter anderem Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio und Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Waltz gewesen sein.
Der Chat-Teilnehmer „JD Vance“, also wohl der Vize-Präsident, äußerte seine Bedenken hinsichtlich der Angriffe gegen die Huthi-Stellungen und merkte an, dass Europa viel mehr von den US-Schlägen profitiere: „Drei Prozent des US-Handels läuft durch den Suezkanal, bei den Europäern sind es 40 Prozent“. Vance stimmte Hegseths Vorschlag, trotzdem anzugreifen, zwar zu, aber er schrieb: „Ich hasse es einfach, Europa schon wieder aus der Patsche zu helfen.“ Der Verteidigungsminister antwortete darauf: „Ich teile Ihren Hass auf die europäische Trittbrettfahrerei vollkommen. Es ist ERBÄRMLICH.“
An diesem Punkt schaltete sich Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller ein und schlug vor, die Europäer für die Militäraktion zur Kasse zu bitten. „Wenn die Vereinigten Staaten unter großen Kosten erfolgreich die Freiheit der Handelsrouten wiederherstellen, dann müssen wir im Gegenzug einen ökonomischen Vorteil daraus schlagen“.
Der Chatverlauf wurde öffentlich, weil Waltz oder ein anderer Teilnehmer versehentlich den Chefredakteur der Zeitschrift „The Atlantic“, Jeffrey Goldberg, auf dem Internet-Kanal Signal zu dem Planungsgespräch eingeladen hatte.
Donald Trump stellte sich gestern hinter seine Mitarbeiter. Auf die Frage eines Journalisten, ob er die Auffassung teile, wonach die Europäer schmarotzten, sagte Trump: „Ja, ich denke, sie haben schmarotzt. Die EU war absolut schrecklich zu uns im Handel, schrecklich.“
Es sei für seine Regierung „der einzige Ausrutscher in zwei Monaten“, der sich „als nicht schwerwiegend“ herausgestellt habe. Der offenbar für die Panne verantwortliche Waltz habe „eine Lektion gelernt“. Das Portal „Politico“ zitiert jedoch einen Regierungsmitarbeiter damit, dass sehr wohl über die Zukunft von Waltz diskutiert werde.
KR