In großen Städten wie München, Hamburg, Berlin und anderen fehlen bezahlbare Wohnungen.
Das hat auch die Lokalbaukommission in München beherzigt und im Stadtteil Sendling die Bebauung eines rückwärtigen Geländes genehmigt. Damit verbunden war die Zustimmung zur Fällung verschiedener Bäume, weil grundsätzlich Baurecht vor Baumrecht geht.
Wer aber wie die Bauherren, die drei Wohneinheiten errichten wollen, gemeint haben sollte, nur Nachbarn könnten Klage gegen die Genehmigung einreichen, sieht sich getäuscht. Denn ein Umweltverband aus Miesbach (!) hat in zweiter Instanz vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen die erteilte Genehmigung mit Erfolg geklagt. Das Gericht meint, dass die Baumschutzverordnung eine von einem Umweltverband rügefähige Rechtsvorschrift sei und die Baugenehmigung im Übrigen wegen mangelnder Einfügung in die Umgebungsbebauung nicht hätte erteilt werden dürfen.
Über den entschiedenen Einzelfall hinaus kann dieses Urteil bedeuten, dass erteilte Baugenehmigungen im schlimmsten Fall durch die zweijährige Klagefrist für Umweltverbände einfach in der Luft hängen.
Im beginnenden Münchner Kommunalwahlkampf ließ dazu nun auch der Oberbürgermeister seine Verwaltung im Regen stehen, der er eine „eklatante Fehlentscheidung“ vorwarf, obwohl die Sache noch nicht endgültig entschieden ist.
Die Angriffe auf Baugenehmigungen kommen aber nicht nur über den Umweg des Baumschutzes, sondern auch des Denkmalschutzes. Ebenfalls in München möchte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben auf dem Areal der ehemaligen amerikanischen Siedlung im Perlacher Forst bis zu 1000 dringend benötigte Wohnungen für Bundesbedienstete nachverdichten. Aktuell wird die Bebauungsplanung aber durch die Prüfung eines etwaigen Denkmalschutzes infrage gestellt und eventuell sogar komplett verhindert.
Wir haben jetzt wohl in Deutschland eine Bundesregierung, die sich redlich bemüht um die Beschleunigung von Verfahren und die Entschlackung von übertriebenen Vorschriften, gerade auch im Bauwesen. In den Maschinenräumen unseres Systems aber wollen die Motoren nicht anspringen, weil immer wieder Sand ins Getriebe geworfen wird von Behörden, Verbänden oder Nachbarn mit eigennützigen Interessen.
Ein Bekannter von uns hat ein Grundstück erworben mit einem baufälligen Wohnhaus. Er will abreißen und zwei Wohnungen bauen, aber es geht nichts voran. Das für die Grunderwerbssteuer zuständige Finanzamt hat es in sechs Monaten trotz Mahnung nicht geschafft, den einfachen Grunderwerbssteuerbescheid herauszuschicken. Ohne dessen Bezahlung kommt der Möchte-Bauherr aber nicht ins Grundbuch. Der Abbruchunternehmer steht Gewehr bei Fuß. Er kann aber nicht anfangen, weil die Stilllegung der Netzanschlüsse für das Gebäude auf Eis liegt. In einer Auftragsbestätigung dazu heißt es freundlich: „Bitte beachten Sie, dass die Ausführung frühestens in acht bis zwölf Wochen beginnen kann.“
In einem Land, wo wegen einer Baumfällung um eine Baugenehmigung durch zwei Instanzen gestritten wird, wo nicht überprüfbare Denkmalsentscheidungen Verdichtungen und Neubauten verhindern, wo Käufer von Grundstücken über Monate nicht ins Grundbuch eingetragen werden, darf man sich über gar nichts mehr wundern. Wie im Kleinen so im Großen – öffentliche Bauvorhaben brauchen Jahrzehnte: Stuttgart 21 und Berlin Flughafen lassen grüßen.
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