Samerberg – Mit dem Ziel, weitere religiöse Kleindenkmäler in der Samerberger Region zu entdecken, trafen wir uns wieder bei leicht nebeligem Frühdunst auf dem Besucherparkplatz der Filialkirche St. Peter in Steinkirchen. Ein Frevel wäre es gewesen, hätten wir dieses spätgotische Monumentalwerk, das nicht zu Unrecht von vielen als eine der schönst gelegenen Kirchen des Landreises Rosenheim bezeichnet wird, nicht ausgiebig in Augenschein genommen.
Nach leichtem Anstieg zieht im Inneren des in „Bayern-Barock“ gehaltenen Kirchenschiffs der Hochaltar mit stattlichem Säulenaufbau den Blick des Besuchers magisch an. Die beiden nicht ganz so pompösen Seitenaltäre zeigen auf der linken Seite die Heilige Familie und gegenüber die Heiligen Barbara und Georg, darüber Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm.
Nach dem Abstieg vom Friedhofshügel, auf dem die Filialkirche weithin sichtbar thront, machen wir uns auf in Richtung Anker, immer entlang der wenig befahrenen Straße. Noch sind nicht viele Wanderer unterwegs, das sollte sich aber im Laufe des Vormittags und bei strahlendem Sonnenschein schnell ändern. Im leichten Dunst, den die Sonne aber immer mehr zerreißt, grüßt uns linksseitig die Hochries und voraus lockt das Massiv des Wendelsteins wie ein imaginärer Kompass, der immer nach Norden zeigt. Wären wir schon hungrig, böte sich uns die Möglichkeit, in Dorfen nach rechts auf die „Dandlbergalm“ aufzusteigen, was auch schon einige Wanderer in Angriff genommen haben.
Unser erstes Teilziel aber ist das Pieverling Kreuz in Dorfen. Ganz in Holz gehalten, nagt der Zahn der Zeit an ihm, da es schon bedenklich schief steht. Erbauen ließen das mächtige Kruzifix Dr. Hans von Pieverling und seine Gattin Grete anno 1936, die hier auch bis zu ihrem Tode wohnten. Von der Witterung nur ein wenig durch einen üppigen Busch abgeschirmt, aber herrlich angestrahlt von der Morgensonne, zieht es unsere Blicke an, wohl wissend, dass es baldigst einer Erneuerung bedarf.
Schon genau hinschauen muss man dann im weiteren Verlauf unserer Route, um das kleine, vielleicht nur 70 Zentimeter hohe Marterl in Taxa zu sehen. Von zwei mächtigen Fichten beschirmt, ist die Innschrift leider witterungsbedingt nicht mehr lesbar. Sie erinnert an den tragischen Tod des einstigen Besitzers des Taxa-Anwesens, Joseph Spöck, der im Jahre 1811 zu Schwaz in Tirol „um 7 Uhr frueh, da er anfahrte, fiele er unter den Wagen und zerschmederte ihm das Bein so gefährlich, das er sein Leben lassen musste“, wie es die große Votivtafel in der Steinkirchner Kirche bildlich festhält.
Mit Wegewart Dr. Georg Stuffer und seinem nimmermüden Rüden „Wutzi“ wandern wir jetzt bergab und genießen den herrlichen Blick auf das Inntal, nicht ohne am Taxa-Kreuz innezuhalten.
Direkt rechts neben der Straße in Richtung Hundham zeigt es uns den hölzernen Korpus Christi, der durch eine massive Holztafel im rückwärtigen Teil vor Wind und Wetter geschützt ist. Auch hier wurden die ursprünglichen Figuren, ein schöner Rokoko-Christus und zwei Engel, gestohlen. Die ausgebufften Diebe wollten ihre Beute im Happinger See zwischenlagern und versenkten die Figuren dazu im tiefen Gewässer. Doch das blieb nicht unentdeckt und ein Hinweis eines Wanderers bei der Polizei wurde das zwischenzeitlich vom Wasser etwas angegriffene Diebesgut wieder geborgen und den Besitzern, der Familie Dräxl, zurück gegeben. Sowohl der Corpus als auch die Engel wurden aber nicht mehr wegen der Diebstahlgefahr auf dem Kreuz angebracht, sondern fanden im Hause einen würdigen Platz. Nach mehreren Restaurierungen wurde im Jahre 2014 das Feldkreuz etwa 50 Meter versetzt und es hat jetzt seinen Platz in einem liebevoll gepflegten Obstgarten. Eingebettet zwischen Quarzsteinen und einer vor dem Kreuz gepflanzten Rose ist es ein wirklich schöner Blickfang.
Jetzt folgen wir der Straße in einem leichten Rechtsbogen und sehen links im Tal die Filialkirche St. Bartholomäus in Roßholzen, ein sicher lohnenswertes Ausflugsziel, heute aber nicht für uns, da wir ein anderes Ziel vor Augen haben. Links und rechts mäandern wir an feuchten grünen Wiesen vorbei, auf denen immer noch viele Rinder, Schafe und Pferde das saftige Grün genießen. Dann, inmitten Hundhams, überrascht uns das rechtsseitig gelegene Scherer-Kreuz, das so ganz ohne Wettermantel daherkommt und auch weder durch Bäume noch Sträucher vor der Witterung geschützt ist. Entgegen der bisherigen Marterl und Feldkreuze, die wir gesehen haben, ist dieses Kreuz mit Kupferblech ummantelt, das auf diese ausgefallene Weise den hölzernen Korpus schützt. Unter dem aus Messing gestalteten und zwischenzeitlich schön patinierten Jesus Christus steht Maria, scheinbar hilflos die leeren Hände vor sich ausgestreckt. Der „Scherer Simerl“ (Simon Deindl) hat dieses Naturdenkmal während einer Erkrankung selbst angefertigt und im Jahre 1992 aufgestellt. Es wird umrankt von Blumen und kleinen Felsen, daneben steht auf einem abgeschnittenen Baum ein hölzerner Gedächtniskasten, der jedoch später hinzugefügt worden ist. In ihm befinden sich zwei Heiligenbilder. Das Kreuz und sein Standort sind sehr gepflegt; fast scheint es, als würde das direkt an der Straße stehende Flurdenkmal auf das Anwesen seines einstigen Erbauers schauen und es so beschützen wollen.
Weiter in Richtung Schilding stoppen wir vor der steinernen Skulptur des Heiligen Christophorus. Der Standort, direkt an einer Straßengabelung gelegen, wird umsäumt von zwei Bänken sowie einigen Bäumen und lädt zum Verweilen ein. Die fast lebensgroße Skulptur des Heiligen zeigt ihn, wie er auf seiner Schulter wohl das kleine Jesuskind durch einen reißenden Fluss trägt und trocken ans andere Ufer bringt. Besonders populär ist der heilige Christophorus auch als Schutzpatron der Autofahrer und Reisende. Dieses steinerne Monument wurde nach der im Jahre 1964 beendeten Flurbereinigung durch die Teilnehmergemeinschaft Roßholzen in Auftrag gegeben und von der Bildhauerin Elisabeth Kronseder geschaffen. Die Ehrenbürgerin der Gemeinde Samerberg war bis ins hohe Alter künstlerisch tätig und fand auf dem Friedhof in Roßholzen ihre letzte Ruhe. Ein wenig davon suchen wir jetzt auch und legen eine Rast ein, bevor es nach Anker geht, wo wir selbigen auch werfen werden.