Auf Eigeninitiative und eigene Kosten

von Redaktion

Rohrdorfer Zementwerk startet im Juni eine Pilotanlage zur CO2-Abscheidung

Rohrdorf – Das Bemühen um klimaschutzbewusstes Bauen hat sich lange auf die Reduktion der CO2-Emission beim Betrieb der Häuser konzentriert. Effektive Dämmung und effiziente Heizungsanlagen waren die Punkte, die man zu verbessern suchte. Dass der Bau der Häuser nicht weniger klimarelevant ist, weil auch bei der Herstellung der Baumaterialien viel CO2 erzeugt wird, kommt erst allmählich ins öffentliche Bewusstsein. Im Rohrdorfer Zementwerk ist man hier schon einen Schritt weiter. Im Juni soll eine Pilotanlage in Betrieb gehen, die das bei der Zementherstellung anfallende CO2 abscheidet. Der Grundstein für das dafür nötige Bauwerk wurde jetzt gelegt.

300000 Tonnen
pro Jahr

Das dahinterstehende technische Prinzip, so erläuterte Anton Bartinger, der technische Leiter des Werkes, ist alt, seit hundert Jahren bekannt. Noch unerforschtes Terrain ist aber, wie die Abscheidung in industriellem Maßstab erfolgen kann. Um hierüber Klarheit zu gewinnen, so sagte Anton Bartinger, helfen theoretische Überlegungen, selbst Modellversuche am Computer nicht weiter. Was wie umgesetzt werden kann, bekommt man nur durch den praktischen Betrieb heraus.

Deshalb der Entschluss des Rohrdorfer Zementwerkes, eine Modellanlage aufzubauen, die immerhin zwei Tonnen CO2 abscheiden kann. Das ist ausreichend, um damit Erkenntnisse zu gewinnen, die sich dann wirklich hochrechnen lassen auf den späteren Betrieb: Dabei geht es dann in Rohrdorf um Mengen von 300000 Tonnen pro Jahr. Dafür bedarf es aber einer vorgelagerten Infrastruktur, etwa einer ausreichenden Stromversorgung.

Pilotcharakter hat das Projekt auch aus einem anderen Grund: Bislang ungeklärt ist nämlich die Frage, was man mit dem abgeschiedenen CO2 anfangen soll. Eine Möglichkeit wäre es, das CO2 in unterirdischen Speichern zu „entsorgen“ – in Norddeutschland machen die geologischen Verhältnisse dies möglich.

Wirklich schlau ist das allerdings nicht, denn CO2 wäre zum Beispiel für die Herstellung von Methanol zu verwenden, das wiederum ein wichtiger Rohstoff für die petrochemische Industrie ist, zum Beispiel bei der Synthetisierung von E-fuels. Auch zur Herstellung von Brennstoffzellen wird Methanol benötigt – für die Weiterverwendung des abgeschiedenen CO2 sind also viele äußerst zukunftsträchtige Verwendungsfelder vorstellbar. Weil aber, was die konkrete Umsetzung anbelangt, hier aktuell noch vieles im Ungewissen ist, kommt auch die Abscheidungstechnik in Deutschland bislang nicht wirklich voran. Die Haltung des Rohrdorfer Zementwerkes dazu: „Viel diskutieren ist gut, aber man muss auch mal machen“ und deshalb der Entschluss, in Eigeninitiative und auf eigene Kosten die Pilotanlage aufzubauen.

Die weitere Zukunft wird aber von größeren, deutschland- und sogar europaweiten Rahmenbedingungen abhängen. Deshalb war man in Rohrdorf besonders froh, so betonte Unternehmensleiter Mike Edelmann, als Gast zum symbolischen ersten Spatenstich Prof. Dr. Angelika Niebler begrüßen zu können, Europaabgeordnete und stellvertretende Parteivorsitzende der CSU in Bayern.

Einer der Punkte, der zur Sprache kam, waren zum Beispiel die Stromkosten. Durch die Abscheidung in industriellem Maßstab werde sich zum Beispiel der Strombedarf des Rohrdorfer Zementwerkes vervierfachen. Zu finanzieren nur, wenn der Strompreis in Deutschland für die Industrie in einem verträglichen Rahmen bleibt.

Nicht minder wichtig die Sicherheit der Stromversorgung, was bei der Umstellung der Stromversorgung auf einen möglichst hohen regenerativen Anteil unbedingt beachtet werden muss, wie man in Rohrdorf meint. Stromausfälle würden hier unweigerlich zu erheblichen Schäden an der gesamten Anlage führen.

Entscheidend aber vor allem auch die Frage, wie zukünftige Kooperationspartner für die Weiterverwendung des CO2 gewonnen werden können. Das Zementwerk in Rohrdorf hatte zusammen mit der Wacker-Chemie hier schon einen Vorstoß unternommen, der bislang aber nicht die erhoffte Förderung durch den europäischen ETS-Innovation-Fund erreichen konnte.

Umweltverträgliche
Produktion angestrebt

Auch Versuche, mit großen Autoherstellern ins Gespräch zu kommen, waren bislang noch nicht zielführend. Professor Angelika Niebler versprach, sich hier nach Kräften einzusetzen und auch immer als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Denn nicht nur hier, sondern bezüglich des ganzen Herstellungsprozesses sei das Rohrdorfer Zementwerk ein Vorzeigebetrieb – immer bemüht, gerade durch umweltverträgliche Produktion Arbeitsplätze zu sichern und auszubauen: „In Rohrdorf“, sagte Professor Angelika Niebler, „wird das bereits konkret umgesetzt, was wir in Europa als Zielsetzung diskutieren“.

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