Raubling – In einer großen Markthalle in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston tippt Matthias Maier plötzlich ein rund zwei Meter großer Mann von hinten auf die Schulter. „How was your flight?”, sind die ersten Worte seines neuen Chefs, der sich kurz darauf als Kevin aka „BigBoy” vorstellt. Aufgrund der Lautstärke und der vielen Eindrücke versteht der Handelsfachwirt die Frage zwar nicht sofort. Doch schon nach wenigen Minuten hat sich die Verwirrung gelegt und Maier „fetzt” mit einem Hubwagen voller Ananas durch das Getümmel.
Ungewöhnlicher Arbeitsplatz
„So eine Erfahrung ist einmalig”, meint Maier rückblickend und erklärt damit auch den Grund seiner Bewerbung für die BR-Fernsehshow „Mein Job – Dein Job.” Bei dieser tauschen zwei Freiwillige aus Deutschland ihre Stelle mit zwei Arbeitern aus einem Land außerhalb Europas. In diesem Fall verschlug es Pichler und Maier aus einem Raublinger Supermarkt auf einen der größten Märkte Jamaikas.
„Wir saßen schon auf gepackten Koffern, da wussten wir noch gar nicht, wo es hingeht”, berichtet Franziska Pichler. Die 30-jährige Bruckmühlerin hatte sich beim Abflug im Dezember daher vorsorglich auch für eine kalte Region gerüstet. Stattdessen bekam sie 30 Grad in der Karibik.
Doch das tropische Wetter sollte die geringste Umstellung für die beiden werden. „Es war alles ganz anders”, staunte Maier. Von den teilweise unbekannten Produkten über das Aufschneiden der Obstsorten mit einem Buschmesser bis hin zum Patois-Dialekt. „Das ist zwar im Grunde genommen Englisch, aber teilweise so verzerrt, dass es sehr schwer zu verstehen ist“, meint der 23-Jährige. Für die Verständigung am Marktstand waren die beiden daher darauf angewiesen, dass sich die Einheimischen mit ihrem Dialekt zurückhielten. „Ansonsten musste unser Chef ab und zu aushelfen”, sagt Pichler.
Besonders beeindruckt hat die beiden die Einstellung der Jamaikaner. Auch wenn es auf dem Coronation-Market, der rund um die Uhr geöffnet ist, immer „hoch her ging”, seien die meisten Arbeiter meistens entspannt geblieben. „Vielleicht lag das an dem ein oder anderen Joint, der dort geraucht wurde”, scherzt Pichler. Aber auch Essen oder Schlafen sei für viele Händler inmitten des organisierten Chaos kein Problem.
Ein besonderes Erlebnis war der Transport der Ware. In einem „zerfledderten Van” ohne Tacho oder Stoßdämpfer mussten Maier und Pichler sich nur anhand einer handskizzierten Karte im Linksverkehr zurechtfinden. „Das war eine wahnsinnige Herausforderung, aber wir hatten dabei auch eine Menge Spaß”, meint Pichler, die dabei das Steuer übernahm. Gleichzeitig sei die 30-Jährige aber auch dankbar, dass es in Deutschland funktionierende Autos und deutlich mehr Regeln im Straßenverkehr gibt.
Einen völlig anderen Eindruck bekamen die Jamaikaner Danette und Shane, die währenddessen im Raublinger Edeka Prechtl arbeiteten. „Die beiden haben das wunderbar gelöst”, meint Filialleiter Matthias Bögl. Er habe im Vorfeld zwar ein paar Bedenken bei dem Projekt gehabt, da die Arbeit im Gegensatz zu einem jamaikanischen Großmarkt schon sehr unterschiedlich ist. Doch das Gefühl legte sich laut Bögl, als er merkte, wie schnell die neuen Mitarbeiter zurechtkommen. Neben dem bisher unbekannten Schnee bekamen die Jamaikaner auch einen Eindruck von einem klassischen Schweinsbraten mit Knödel, den Bögl bei sich zu Hause zubereitete. „Das war insgesamt einfach eine riesige Erfahrung für alle Beteiligten”, meint der Raublinger Filialleiter.
Hohe Lebensqualität
in Deutschland
Mittlerweile sind Pichler und Maier wieder zurück und im Alltag angekommen. Von ihrer Reise nehmen sie vor allem die Erkenntnis mit, wie komfortabel das Leben in Deutschland doch ist. „Ich muss zum Beispiel keine ständige Angst um meine Sicherheit haben”, meint Pichler. In Kingston sei immer eine Sicherheitskraft in der Nähe gewesen, um die beiden zu schützen. Auch die Armut sei an jeder Ecke spürbar. Trotzdem würden sie, da sind sich beide einig, die Reise jederzeit wiederholen. „Jetzt sind wir aber erst einmal gespannt, was bei unserem Jobwechsel rauskam”, sagt Pichler.
Am Montag, 13. Februar 2023, um 20.15 Uhr, wird die Sendung im BR ausgestrahlt.