Reis auf dem Kopf – Nudeln unterm Po

Schwimmnudel als Sitzkissen und ein Lied auf den Lippen: Die Söchtenauer Erstklässler sind mit Feuereifer dabei. Foto Kirchner
Grundschüler in Söchtenau beteiligen sich an der Studie„Gesunde Schule“
Söchtenau – Kurze Bewegungspausen sind für die Grundschüler in Söchtenau nichts Neues. Neu ist aber seit diesem Jahr, dass die Kinder beim Singen und sich Bewegen auf einer Schwimmnudel sitzen und ein Reissäckchen auf dem Kopf balancieren. Einige können dies sogar mit geschlossenen Augen. Waren sie vorher noch eher hibbelig, so sind sie jetzt voll fokussiert, und später beim Unterricht noch viel konzentrierter.
Kurze Pause
wirkt Wunder
So eine kurze Bewegungs- und Entspannungspause mag nach nicht viel klingen, wirkt aber, bestätigen Andrea Schirm und Rektorin Marianne Kelnberger. Doch diese Einheit ist nur ein Teil des Ganzen, denn die Grundschule Söchtenau beteiligt sich an der Studie „Gesunde Schule“. Das Projekt beruht auf dem Konzept „Gesünder Sitzen und Schreiben von klein auf“, das Osteopathin Simone Lüders aus Rosenheim zusammen mit Prof. Ansgar Schwirtz vom Lehrstuhl für Biomechanik im Sport der TU München und einem interdisziplinären Team von Ergotherapeuten, Osteopathen, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftlern durchführt. Sie wollen anhand von wissenschaftlich erhobenen Daten zeigen, dass durch frühes gezieltes Training im Alltag ein guter Halte- und Stützapparat sowie effiziente, nachhaltige grob- und feinmotorische Muster entstehen können, die positive Auswirkungen auf das ganze Leben haben.
Auch das bayerische Gesundheitsministerium, die Sparkassenstiftung Zukunft Stadt und Landkreis Rosenheim, die Bürgerstiftung Rosenheimer Land und der Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) unterstützen die Aktion, berichtet Schulleiterin Kelnberger.
Zuerst wurden die teilnehmenden Kinder von einem Team der TU München um angehende Doktorandin Kathrin Schmalzl an der Wirbelsäule vermessen – im Stehen, im Sitzen und beim Schreiben. Wenige Tage danach fand die praktische Schulung für die gesamte Klasse statt. Osteopathin Simone Lüders und ihre Mitarbeiter nahmen sich viel Zeit, mit den Kindern Übungen zu Atmung, Körperspannung, richtigem Sitzen und Stifthaltung zu machen. Dabei durften die Kinder auf Schwimmnudeln sitzen, mit einem Säckchen auf dem Kopf balancieren oder wie ein Brett an der Wand lehnen.
Erstklasslehrerin Andrea Schirm weiß noch, wie die Experten auf Tische und Stühle hinwiesen, die nicht zur Körpergröße der Kinder passten. Mit Klebestreifen auf den Tischen wurde die richtige Lage des Heftes markiert und um die richtige Stifthaltung zu erleichtern, wurden Finger abgeklebt. „Bereits nach wenigen Durchgängen hatte sich die Beweglichkeit verbessert”, stellt die Lehrerin fest, die veränderte Sitzhaltung der Kinder habe man deutlich erkennen können.
Eltern, Lehr- und Schulpersonal sind Bestandteil des präventiven Projekts, dessen Umsetzung anfänglich aufgrund der kurzfristigen Ankündigung schon schwierig war.
„Die Eltern mussten innerhalb kurzer Zeit viele Erklärungen unterschreiben und an Schulungen teilnehmen“, erinnert sich Marianne Kelnberger. Aber jetzt läuft die Studie seit knapp einem halben Jahr und der Erfolg rechtfertigt die Anstrengungen.
Die Studie „Gesunde Schule” ist aber nicht alles, was die Grundschule Söchtenau leistet. So wurde sie im Schuljahr 2018/19 erstmalig zur „Sport-Grundschule“ ausgezeichnet und im vergangenen Schuljahr 2021/22 erneut darin bestätigt. Dabei geht es nicht nur um Sport und Bewegung, sondern auch um gesunde Ernährung. Letzteres umfasst zahlreiche Projekte, beispielsweise dass man im Klassenzimmer Apfelmus und Suppe kocht oder zusammen mit dem Obst- und Gartenbauverein Gemüse und Kartoffeln pflanzt, erntet, gemeinsam zubereitet und dann miteinander verspeist.
Äpfel schälen
und schneiden
Und was sagen die Schüler zu den vielen Aktivitäten? Lea (6) findet das Kochen besser als die Bewegungsübungen: „Das Apfelmus war sooooo lecker.” Äpfel schälen und schneiden, auf einer Induktionsplatte im Klassenzimmer zubereiten und dann zusammen genießen – wem würde das nicht gefallen?
Elias (7) hingegen findet den Sport am besten. Jana (7) mag am liebsten das Tanzen zum Lied über das rote Pferd: „Am meisten kann ich mich konzentrieren, wenn die Augen geschlossen sind“, sagt sie und legt los. Auf einem Bein stehen und das andere kreisen lassen – das hilft nicht nur Erstklässlern.