Aktionsbündnis will noch weiter gehen

von Redaktion

Zementwerk zieht den Erweiterungsantrag für Abbau zurück

Nußdorf – Die Protagonisten des Aktionsbündnisses „Rettet den Heuberg“ zogen nach Jahren unermüdlichen Engagements zum Erhalt des Heubergs und gegen die Erweiterung des Steinbruchs Bilanz. Dazu luden sie diejenigen, die sich für den Heuberg einsetzten, zum Dank ein. Alle relevanten Naturschutzverbände, die Bürgermeisterin, Gemeinderäte sowie viele Bürger waren anwesend.

Die Betreiberin des Steinbruchs, die Südbayerische Portland – Zementwerk Gebrüder Wiesböck & Co. GmbH, zog Mitte März ihren Antrag auf Erweiterung des Steinbruchs zurück.

„Damit hätte man es belassen können. Aber das wäre nach dem Kampf und dem Aufwand, den wir alle gemeinsam betrieben haben, zu lapidar gewesen“, erklärte Uli Kottmann, der Sprecher des Aktionsbündnisses.

Über 60 Jahre
beständiger Kampf

Kottmann und seine Mitstreiter Sepp Reisinger und Georg Binder präsentierten den 120 Gästen eine eindrucksvolle Chronologie mit rund 40 der wichtigsten Ereignisse und Meilensteine der vergangenen Jahre beziehungsweise Jahrzehnte.

Seit der „Urgenehmigung“ für einen sogenannten unsichtbaren Steinbruch bei Überfilzen am Heuberg im Jahr 1961 sahen sich die Nußdorfer Bürger und ihre gewählten Vertreter in der Gemeinde über 60 Jahre in einem beständigen Kampf mit dem Betreiber und dem Landratsamt Rosenheim, erinnerte sich Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer (CSU/FWG).

„Nach den Änderungsgenehmigungen 1980 und 1994 mit Festlegung der Oberkante Steinbruch auf 758 Meter war spätestens mit den Sprengungen im Bereich der nördlichen Sichtschutzwand klar, dass es dem Betreiber um eine beständige Erweiterung ging“, sagte Grandauer.

Dies führte in den frühen 1990er-Jahren zu größerem Widerstand in der Bevölkerung, da Bedenken hinsichtlich der Gefahren durch Steinschlag, Erdrutsche und Wasser sowie Umweltauswirkungen und die Zerstörung des Landschaftsbildes aufkamen, erklärte Reisinger. „Die Gemeinde Nußdorf hat sich vehement gegen diese Entwicklungen gewehrt und mehrere Beschwerden und Rechtsmittel eingelegt“, berichtet Grandauer. Im Jahr 2017 beschritt die Gemeinde dann zum ersten Mal den Klageweg, der bis zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof führte. Mit Erfolg, wie Nußdorfs Bürgermeisterin feststellte: „Hier erwirkten wir einen Hängebeschluss, der zur Stilllegung von Gesteinsabbau oberhalb von 758 Meter führte.“

Als der Betreiber 2019 eine wesentliche Änderung und den Abbau von weiteren knapp zehn Millionen Tonnen Gestein für weitere 50 Jahre, auch oberhalb der 758 Meter, beantragte, formierte sich der Widerstand neu. „Rettet den Heuberg“ gründete sich als organisationsübergreifendes Aktionsbündnis unter der Leitung von Uli Kottmann und mit Unterstützung des prominenten Bergsteigers Alexander Huber. Der Bund Naturschutz in Bayern, der Deutsche Alpenverein, der Verein zum Schutz der Bergwelt, der Bund für Vogelschutz sowie die Inntalgemeinschaft unterstützten den Kampf gegen die beantragte Erweiterung und brachten ihre Kompetenzen mit ein.

Das Bündnis setzte auf verschiedene Strategien, darunter Öffentlichkeitsarbeit durch Videos und Social-Media-Kanäle, das Sammeln von über 1200 Einwendungen aus der Bevölkerung sowie eine beeindruckende Kundgebung auf dem Sportplatz im Mai 2021. Huber bekräftigte an dem Abend nochmals seine Bereitschaft, sich für den Erhalt des Heubergs auch weiterhin einzusetzen. Zudem sei es auch für Bayern wichtig, den Alpenplan und insbesondere die höchste Schutzzone „C“ entschlossen und ohne Kompromisse zu verteidigen.

Nachdem im Januar das Landratsamt signalisierte, den Erweiterungsantrag ablehnen zu wollen, zog die Betreiberin des Steinbruches ihren Antrag zurück. Die untere Naturschutzbehörde, das bayerische Landesamt für Umweltschutz und das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hatten schriftlich ihre Bedenken geäußert, dass im konkreten Fall erhebliche Zweifel an der Ausgleichbarkeit der gesetzlich geschützten Biotope bestehen würde. Damit war die beantragte Erweiterung nach Bundesnaturschutzgesetz nicht genehmigungsfähig.

Zudem hatte das Landratsamt Bedenken hinsichtlich der Zerstörung des Landschaftsbildes geäußert. „Der Erfolg wurde durch eine konsequente und sachliche Vorgehensweise des Bündnisses, der Naturschutzverbände und der Gemeinde erreicht“, stellte Kottmann fest.

Ebenfalls von großer Bedeutung war die Petition an den bayerischen Landtag, obwohl sie erst nach dem Rückzug des Antrags durch den Betreiber beraten wurde. Trotzdem sorgte die Petition dafür, dass den Behörden bewusst wurde, dass das Anliegen der Nußdorfer Bürger gründlich geprüft und nicht einfach abgelehnt werden durfte. Von großem Interesse war auch die Frage, wie es am Steinbruch im Rahmen der noch gültigen Abbaugenehmigung weitergehen würde. Bereits Anfang August reichte das Aktionsbündnis beim Landratsamt schriftlich entsprechende Fragen ein. Leider konnte das Landratsamt nicht benennen, wie viel Abbau noch möglich sei und wann dieser voraussichtlich endet. Es verwies hierzu auf den Betreiber. Obwohl die untere Naturschutzbehörde bereits im Dezember 2022 feststellte, dass die nördlich vom Steinbruch befindliche „Forststraße“ nicht wie genehmigt angelegt ist und betrieben würde, befände man sich, Stand 22. September, immer noch in der Prüfung. Diese Forststraße, die sich bis in die Alpenschutzzone „C“ erstreckt, nutzte der Betreiber für den Abtransport von Abraum und Gestein. Auch in Bezug auf die Renaturierung des illegal gerodeten Bereichs oberhalb von 758 Metern verfolgt das Landratsamt offenbar eine recht passive Strategie.

Renaturierung durch
natürliche Sukzession

Es plant, die natürliche Sukzession den Rest erledigen zu lassen, so die schriftliche Auskunft des Landratsamtes. Kottmann äußerte sein Unverständnis über die Antworten des Landratsamtes. Ihm ist nicht schlüssig, wie die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde ihre Aufgaben erfüllen will, wenn sie zur Ermittlung des Abbaus auf den Betreiber verweist. Trotz des Erfolgs und der Abwehr des Erweiterungsantrages bleiben Fragen offen. Ferner wurden durch Zuschriften von Bürgern hinsichtlich des derzeitigen Abbaues Bedenken geäußert. Das Aktionsbündnis plant offene Fragen im Blick zu behalten und diesen nachzugehen.stv

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