Landkreis will Hausärztemangel bekämpfen

Studie ein erster Schritt

von Redaktion

Erste Folgen des sich abzeichnenden Hausärztemangels sind auch im Landkreis Rosenheim bereits spürbar. Weil sich die Situation in den kommenden Jahren drastisch zu verschärfen droht, will der Landkreis jetzt gegensteuern. Grundlage für Gegenmaßnahmen soll eine Studie sein.

Rosenheim – Dr. Gitte Händel, Leiterin der Geschäftsstelle der Gesundheitsregion plus im Landkreis Rosenheim, warb im Kreisausschuss mit Erfolg für den von ihr empfohlenen Weg. Sie plädierte für ein mit EU-Mitteln gefördertes Leader-Kooperationsprojekt, welches das Gremium bei zwei Gegenstimmen auf den Weg brachte. Neben den Leader-Arbeitsgemeinschaften Mangfalltal-Inntal und Chiemgauer Seenplatte sind auch alle Gemeinden an Bord, die in keiner dieser Arbeitsgemeinschaften vertreten sind. Aus dem Landkreis Traustein wollen sich die Gemeinden Obing, Kienberg und Pittenhart beteiligen.

Die Gesamtkosten des Projekts beziffert die Landkreisverwaltung auf rund 42600 Euro. Circa 21500 Euro fließen an Leader-Fördermitteln, mit etwa 2600 Euro beteiligen sich die drei Orte aus dem Nachbarlandkreis. Knapp 18500 Euro muss der Landkreis für die Studie auf den Tisch legen.

„Die Sicherung der hausärztlichen Versorgung ist auch bei uns ein großes Thema. Der Mangel wird in absehbarer Zeit noch deutlich größer werden. Deshalb müssen wir frühzeitig eingreifen, wenn wir weiter eine gute regionale Grundversorgung gewährleisten wollen“, sagte Händel im Kreisausschuss. Die Studie soll dem Landkreis und den Gemeinden Möglichkeiten aufzeigen, wie die Region für angehende Ärzte attraktiver gemacht werden kann, wie junge Ärzte gewonnen und welche Unterstützungsmöglichkeiten bei der Übergabe von Arztpraxen geboten werden können. Aussagen erwartet man sich auch zu der Frage, welche Formen der ärztlichen Versorgung künftig denkbar sind. Handlungsempfehlungen erwartet Händel bereits für das dritte Quartal dieses Jahres, mit der Umsetzung des Konzeptes soll im nächsten Jahr begonnen werden.

Die betroffenen Zielgruppen – Bürger, Medizinstudenten, junge und kurz vor dem Ruhestand stehende Ärzte – sollen bei der Erstellung der Studie einbezogen werden. Seitens der Verwaltung wurde die von Händel vorgeschlagene Vorgehensweise befürwortet. Die Fachleute im Landratsamt attestierten dem Projekt, einen „hohen Beitrag zur Sicherung und Verbesserung der Daseinsvorsorge“ zu leisten. Händel geht davon aus, dass die Handlungsweise des Landkreises Vorbildcharakter für andere Regionen haben kann. „Durch die längerfristige Förderung der hausärztlichen Versorgung sehe ich eine Begünstigung der Lebensqualität auf dem Land“, ist die Medizinerin überzeugt.

CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller pflichtete ihr bei. „Es ist wichtig, dass wir uns um dieses Thema kümmern“, meinte der Bad Aiblinger Bürgermeister, der von einer „richtigen Entscheidung“ sprach. Das sieht auch Sepp Lausch (Bayernpartei) so. Dass er dennoch dagegen stimmte, hatte einen anderen Grund. „Ich finde es nicht gut, dass hierfür kommunale Gelder nötig sind“, so der Kreisrat. Lausch warnte außerdem vor der Gefahr, „dass die Studie viel Geld kostet und nach zwei Jahren in der Schublade verschwindet“. Auch Sepp Hofer, Sprecher der Freien Wähler im Kreistag, votierte gegen die Studie. Eine solche in Auftrag zu geben, entspreche nicht dem Sinn eines Leader-Projektes.

Da widersprach ihm Dieter Kannengießer, Fraktionssprecher der Parteiunabhängigen, deutlich. „Wir können nicht sagen, dass wir das Problem angehen, aber dafür kein Geld ausgeben wollen.“

August Voit (CSU), Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, sieht die Thematik tief greifender. „Es geht nicht nur um die Verfügbarkeit von Hausärzten auf dem Land. Das Problem ist auch, dass die Kassenärztliche Vereinigung Strukturen verändert. Da wird manche Stelle nicht mehr besetzt werden dürfen“, formulierte er seine Sorge. Sebastian Friesinger (CSU) beendete die Debatte mit einer düsteren Vorahnung. „Es wird ein regelrechter Wettbewerb um junge Ärzte entstehen.“

Das will der Freistaat

Mit den Gesundheitsregionen plus will das bayerische Gesundheitsministerium seit 2015 die medizinische Versorgung und Prävention im Freistaat verbessern. Das Land gewährt Teilnehmern Beratung und Fördermittel. Das Förderprogramm stößt laut Landesamt für Gesundheit auf großes Interesse. Bisher gibt es nach Angaben auf der Homepage der Behörde 39 solcher Gesundheitsregionen plus, bestehend aus 49 Landkreisen und kreisfreien Städten. Als fachlich kompetentes Netzwerk regionaler Akteure des Gesundheitswesens soll sich eine Gesundheitsregion plus vorrangig den Handlungsfeldern Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsversorgung widmen. Der Landkreis Rosenheim ist eine solche Region, die Stadt ist nicht beigetreten.tt

Leader-Projekte

Mit Leader-Projekten unterstützen der Freistaat Bayern und die Europäische Union ländliche Regionen in ihrer Entwicklung. Eine zentrale Rolle bei solchen Projekten übernehmen lokale Leader-Aktionsgruppen, die sich um die Auswahl und Entwicklung sowie deren Umsetzung kümmern.tt

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