Mühldorf/Rosenheim – Erzwungener Samenerguss: Mit dieser Behauptung versuchte ein Handwerksmeister aus dem Landkreis Rosenheim sich vor Unterhaltszahlungen zu drücken. Gestern Nachmittag musste er sich deshalb vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten. Am Ende kam er mit einer Bewährungsstrafe davon – wegen Prozessbetrugs.
Erguss
erzwungen?
„Das ist kein normaler Fall“, betonte Richter Florian Greifenstein während der Verhandlung mehrfach. Bereits das Familiengericht Mühldorf, vor dem die Sache zivilgerichtlich behandelt wurde, hatte sich mit dem Fall schwer getan.
Die Version des Angeklagten: Eine Frau soll seinen Samenerguss erzwungen haben und in der Folge schwanger geworden sein. Unter Medikamenteneinfluss habe er mehr oder weniger willenlos ejakuliert, behauptete der Angeklagte. Die Frau sprach dagegen von einvernehmlichem Sex. Mit seiner Klage konnte er zunächst Unterhaltszahlungen von über 28700 Euro verhindern.
Der Mann, ein 54-jähriger Handwerksmeister aus dem westlichen Landkreis Rosenheim, erschien in Shirt und Jeans vor Gericht, trug den Arm in einer Schlinge. Vor mehreren Jahren hatte er einen schweren Unfall erlitten. In Folge dessen musste er damals starke Medikamente einnehmen.
Das Gericht ließ sogar ein Gutachten in Auftrag geben, das klären sollte, ob die Geschichte des Angeklagten aus medizinischer Sicht überhaupt möglich sein kann. Im Schnelldurchlauf verlas der Richter einzelne Passagen, die beschrieben, ob und wie es im komatösen Zustand unter Einfluss von Medikamenten um die Libido des Mannes bestellt ist. Final wiederlegen konnte aber auch das Gutachten die Version des Angeklagten nicht – man könne es medizinisch nicht zu 100 Prozent ausschließen. Möglich sei vieles, hieß es.
Umso wertvoller war schließlich das Geständnis des Angeklagten, mit dem er der Frau und Mutter seines Sohnes eine hochpeinliche Zeugenaussage über intime Details ersparte. Das hielten ihm auch Richter Greifenstein und die Staatsanwältin zugute.
Das Geständnis folgte jedoch erst nach einem Rechtsgespräch, das der Richter dem Verteidiger und der Staatsanwältin unter vier beziehungsweise sechs Augen vorschlug. Nach 40 Minuten hinter verschlossenen Türen besprach sich noch einmal der Angeklagte mit seinem Anwalt.
Bis dahin hatte der Mann auf Anraten seines Anwalts geschwiegen und von Beginn an von seinem Aussageverweigerungsrecht gebraucht gemacht. Am Ende wurde die Anklage wegen Verleumdung fallengelassen. Der Handwerksmeister, der noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten war, bekam acht Monate auf Bewährung – für Betrug in einem schweren Fall.
Katharina Vähning