Rosenheim/Griesstätt – Die Geschichte einer Griesstätterin (29), die mitsamt ihrer fünfjährigen Tochter und ihrem ungeborenen Kind im Bauch fast im Inn ertrunken wäre (wir berichteten), bewegt die Region. Im Guten und leider auch im Schlechten. Denn unglücklicherweise überziehen nun Menschen die junge Frau mit zum Teil sehr böser Kritik und Besserwisserei. Geht ja auch leicht. Hinterher ist einfach jeder schlauer, nicht wahr?
Ja, die junge Mutter hat ihre Kinder und sich selbstverschuldet in Lebensgefahr gebracht. Ja, sie war leichtsinnig. Ja, das weiß sie selbst am Besten. Und nein, das dürfte ihr nicht noch einmal passieren. Damit sollte es nun auch gut sein mit dem Be- und Aburteilen.
Denn wenn man ehrlich zu sich ist, dann dürfte jeder schon mal einen ganz schlimmen Fehler gemacht haben – ob nun mit oder ohne Kinder. Die meisten von uns kommen mit einem blauen Auge davon. Sie lernen daraus, und der Schlüsselmoment brennt sich ins Gedächtnis ein.
Drei Redakteure der OVB-Heimatzeitungen berichten heute von ihren krassesten Fehlern, die zum Glück ohne schlimme Folgen geblieben sind.
Heike Duczek, Redakteurin bei der Wasserburger Zeitung:
Kinderwagen sind bekanntlich nicht so schnell aus dem Lot zu bringen. Und trotzdem habe ich es vor 23 Jahren geschafft. Wie? Ich weiß es nicht. Tatsache ist: Der Kinderwagen kam ausgerechnet auf dem Fußball-Hartplatz, wo ich meinem Ältesten beim Kicken zuschaute, ins Trudeln – und stürzte um. Unser Jüngster, damals vier Monate alt, fiel heraus – und schlief, während er über den harten Asphalt kullerte, einfach seelenruhig weiter.
Ich „sammelte“ das schlummernde Kind vom Boden auf: umringt von aufgeregten Müttern und Vätern, die das Geschehene mit Entsetzensschreien beobachtet hatten. Und fühlte mich wie eine krasse Rabenmutter. Übrigens: Unser Baby überstand den Unfall auch körperlich unversehrt. Es gab nicht einmal einen blauen Fleck. Glück gehabt.
Janina Sgodda, Redakteurin beim Oberbayerischen Volksblatt:
Manchmal sind die größten Fehler im Leben die, die am Ende doch folgenlos bleiben. So einen Fehler habe ich gemacht, als meine Tochter rund drei Jahre alt war. Wenn nicht der Schutzengel in Form meines Mannes eingegriffen hätte – dann wäre ich meines Lebens nicht mehr froh geworden.
Denn meine kleine Tochter wäre schon einmal fast aus dem Fenster unserer Wohnung im 1. Stock gefallen. Bis heute weiß ich nicht mehr, warum das Fenster offen war, obwohl mein Kind in der Nähe war. Es kletterte voller Neugier und kindlicher Sorglosigkeit über die Couch zum offenen Fenster.
Unter dem Fester ist ein asphaltierter Weg. Hätte sie einen Sturz in die Tiefe überhaupt überleben können? Ich will nicht daran denken. Sicher weiß ich: Als mein Mann die Kleine mit einem Schrei von der Fensterbank zog, war ich schlicht sprachlos. Die weichen Knie, die Ganzkörper-Gänsehaut und das Entsetzen über meine eigene Schuld werde ich nie vergessen. Bis heute habe ich von diesem Erlebnis keinem Menschen erzählt. Wir alle verdrängen sicher aus gutem Grund, dass es zum Überleben neben Vorsicht auch, leider, sehr viel Glück braucht.
Moritz Kircher, Redakteur bei der Chiemgau-Zeitung:
Es dürfte zehn Jahre her sein. Es war Winter. Ich wollte den Kindern meiner Schwester eine Freude machen und habe sie mitgenommen zum Rodelhang im Nachbardorf. Mein Neffe hatte einen Lenkschlitten und flitzte damit immer wieder den breiten Hang runter – ständig beobachtet von einem gleichaltrigen Kind.
Ob er auch mal fahren wolle, fragte ich den kleinen Mann. Seine Augen leuchteten, die Eltern nickten, und die Kinder setzten sich gemeinsam auf den Zweisitzer. Kaum waren sie losgefahren, riss der Bub – wohl vor Schreck – das Lenkrad rum. Der Schlitten raste quer über den Hang und ungebremst in eine Absperrung rein. Es sah schrecklich aus.
Dutzende Menschen sammelten sich an der Unfallstelle um die beiden verunglückten Kinder. Zum Glück war nichts Ernstes passiert. Und die Tränen schnell wieder getrocknet. Das hätte definitiv schlimm ausgehen können.