Gelbe Anakonda vom Siferlinger Weiher

Tierdrama in Privatwohnung

von Redaktion

Katzen, Geckos, Schlangen und Unke wurden seit Tagen nicht versorgt

Rosenheim – Sechs Katzen, fünf Leopardengeckos, zwei Königspythons sowie eine Unke haben Polizei, Feuerwehr und Tierretter am Montagmittag aus einer Wohnung an der Rosenheimer Herderstraße geholt und damit vermutlich den Tod der Tiere verhindert. Nach ersten Erkenntnissen sind viele der Tiere zwar unterernährt, aber wohlauf. Sie werden zunächst im Tierheim Rosenheim sowie in der Reptilienauffangstation in München versorgt.

Kratzgeräusche

hinter der Haustür

Weil längere Zeit immer wieder lautes Miauen und das Kratzen von Krallen aus einer Nachbarwohnung gedrungen waren, informierten besorgte Anwohner der Herderstraße am Montag gegen 14.30 Uhr die Polizei. Nachdem sich die Beamten beim Hausmeister den Schlüssel zur Wohnung organisiert hatten, bot sich den Einsatzkräften in den Räumlichkeiten ein erschreckendes Bild. Mehrere Katzen liefen durch die nach Polizeiangaben „verwahrloste“ Wohnung, überall lagen Exkremente der Tiere. „Die Einsatzkräfte konnten aufgrund des starken Gestanks nur jeweils für kurze Zeit in der Wohnung bleiben“, beschreibt Polizeisprecher Robert Maurer die Zustände in den Räumlichkeiten.

Nachdem die Beamten dann – neben einer Unke, die durch den Raum hüpfte – auch noch ein Terrarium entdeckt hatten, riefen sie schließlich die Feuerwehr zu Hilfe. „Man weiß ja nie, welche Tiere da dann zum Vorschein kommen“, sagt Andrea Thomas, Vorsitzende des Tierschutzvereins Rosenheim, die ausdrücklich das Zusammenspiel zwischen Polizei, Feuerwehr und Tierrettern lobte: „Alle haben zusammengeholfen, um die Tiere einzufangen.“

Was allerdings nicht ganz geglückt ist, wie Thomas gegenüber den OVB-Heimatzeitungen erklärt. „Eine der acht Katzen hat sich nach Angaben eines Nachbarn bereits vor einigen Tagen über den Balkon davongemacht.“ Eine weitere ließ sich zudem nicht einfangen und befindet sich derzeit noch in der Wohnung. „Wir sind aber dran, die Katze aus der Wohnung zu holen und hoffen auch, das entwischte Tier über eine Katzenfalle einfangen zu können.“

Die anderen sechs Exemplare – drei ältere und drei jüngere Katzen – befinden sich aktuell in der Obhut des Rosenheimer Tierheims, das vom Rosenheimer Tierschutzverein betrieben wird. Dort werden die Katzen nun von einem Tierarzt untersucht und – wenn noch nicht vom Besitzer veranlasst – geimpft.

Problematische Versorgungskosten

Anschließend muss das Veterinäramt in Rosenheim entscheiden, ob die Katzen wieder zu ihrem Besitzer zurück dürfen. „Für uns ist diese Situation immer extrem schwierig“, sagt Thomas, „denn wir können derzeit höchstens Pflegeplätze für die Tiere suchen, da die Katzen ja einen Besitzer haben.“ So laufen Kosten für die Versorgung auf, die zunächst das Tierheim tragen müsse. „Natürlich werden wir versuchen, dem Besitzer diese in Rechnung zu stellen“, sagt die Vereinsvorsitzende. Doch sie weiß aus Erfahrung: „Das ist alles nicht so einfach.“

Probleme, mit denen auch die Reptilienauffangstation München zu kämpfen hat, in deren Obhut sich aktuell die fünf Leopardengeckos, die zwei Schlangen sowie die Unke befinden. Wobei die Unke wohl nicht als Futter für die Schlangen gedacht war, wie Dr. Markus Baur, Leiter der Auffangstation und am Montag selbst in Rosenheim vor Ort, gegenüber unserer Zeitung erklärt. „Das sind eigentlich recht lustige Tierchen, die gerne gehalten werden.“

Reptilien

„sehr mager“

Vom Zustand der Tiere hat sich Baur bereits einen Eindruck verschafft. „Die Reptilien sind sehr mager“, sagt der Experte, „erst bei genaueren Untersuchungen wird sich aber zeigen, ob es an einer Unterversorgung oder vielleicht auch an einem Parasitenbefall liegt.“ Die hygienischen Zustände im Terrarium seien „nicht besonders gut“ gewesen, wobei die Grundausstattung für die Reptilien in der Wohnung durchaus als artgerecht bezeichnet werden könnten. Baur: „Das Terrarium war vielleicht für die Menge an Tieren etwas klein, aber sonst ursprünglich gut durchdacht.“

Gerüchte über Klinikaufenthalt

Wie kam es dann dazu, dass die Tiere wohl seit rund einer Woche unversorgt in der Rosenheimer Wohnung sich selbst überlassen worden sind? Dazu gibt es seitens der Polizei noch keine genauen Erkenntnisse. So konnten die Beamten noch nicht mit dem Wohnungsbesitzer sprechen. Nach Angaben von Nachbarn sei der Mann, ein 45-jähriger Rosenheimer, aber seit einer Woche im Krankenhaus. Die Tiere würden allerdings dessen Lebensgefährtin gehören, die sich aber nicht um deren Versorgung gekümmert habe.

Erst weitere Nachforschungen werden klären können, wie es zu dem Beinahe-Tierdrama kommen konnte. Die Polizei hat Ermittlungen wegen eines Verstoßes nach dem Tierschutzgesetz aufgenommen.

Bekommt Ambrosius ein neues Zuhause?

Während die Reptilienauffangstation München jetzt mit den fünf Leopardengeckos, den zwei Königspythons sowie der Unke gleich acht Neuzugänge aus einer Rosenheimer Wohnung bekommen hat, könnte ein seit drei Jahren dort lebendes Tier die Einrichtung bald verlassen: Denn die Gelbe Anakonda Ambrosius, die im Sommer 2016 die ganze Region in Atem gehalten hat, bekommt vielleicht ein neues Zuhause. „Wir erwarten heute Interessenten, die Ambrosius eventuell in ihren Reptilienzoo aufnehmen möchten“, sagte Sabine Öfner, Fachtierärztin für Reptilien und Mitarbeiterin in der Auffangstation, gegenüber unserer Zeitung. Sollte die Vermittlung nicht klappen, würde die Anakonda in München selbstverständlich weiterhin „ein angenehmes Leben führen“ können. Die Schlange hatte 2016 mehr als zwei Wochen für ein Badeverbot am Siferlinger Weiher gesorgt, ehe zwei Münchner Schlangenliebhaber das Tier einfangen konnten (wir berichteten). Bis heute ist unklar, ob die Schlange damals seinem Besitzer ausgebüxt oder ob das Tier am See bei Söchtenau ausgesetzt worden war. mw

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