Traunstein/Rosenheim – Im Traunsteiner Landgerichtsverfahren gegen den falschen „Impfarzt“ und Theologen Stefan H. aus Ottobrunn, angeklagt wegen 1450 Fällen von gefährlicher beziehungsweise vorsätzlicher Körperverletzung unter anderem an Impflingen in Stadt und Landkreis Rosenheim, sahen sich die Prozessbeteiligten gestern zwei Videos zum Thema „Corona-Impfung“ an. Die Filmchen beantworten in den Impfzentren viele Einzelthemen und mögliche Fragen von Impfwilligen.
Anlass der Vorführung im großen Schwurgerichtssaal waren Angaben des Angeklagten beziehungsweise seiner Verteidiger, wonach der selbsternannte Mediziner mit zwei zu Unrecht zugelegten Doktortiteln angeblich auf ausreichende Information der Impflinge durch die auf Empfehlungen der Stiko (Ständigen Impfkommission) beruhenden Videos vor Impfaktionen in den Impfzentren vertraut hatte (wir berichteten). Genau beschrieben wurden in den Filmen der Impfvorgang als solches, aber beispielsweise auch die verschiedenen Impfstoffe, ihre Wirkungsweisen, Risiken und mögliche Komplikationen.
Ohne weitere Erläuterungen gab Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler an dem gestrigen Schiebetermin zur Überbrückung der vorgeschriebenen Fortsetzungsfristen die Entscheidung über einen Befangenheitsantrag der Verteidiger gegen sie bekannt. Demnach hatten andere Richter am Landgericht Traunstein den Antrag den gesetzlichen Vorschriften entsprechend geprüft. Der Tenor: „Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.“
Den Befangenheitsantrag hatten die Anwälte am vierten Verhandlungstag im Zusammenhang mit Chatverkehren des Angeklagten gestellt. Der Hintergrund: In den Chats kommen angeblich intime sexuelle Dinge zur Sprache, die aus Verteidigersicht nichts mit dem gegenständlichen Verfahren zu tun haben.
Die Anwälte, gestern vertreten durch Carolin Arnemann aus München und Gabriele Sachse aus Rosenheim, legten sofort Widerspruch ein gegen die Beweiserhebung und Verwertung der Chatverkehre. Staatsanwalt Thomas Langwieder forderte hingegen, diese Beweismittel zuzuziehen. Entschieden ist darüber noch nicht.
Weiter informierte die Vorsitzende Richterin über eine neue Anklage der Staatsanwaltschaft München I gegen den 50-Jährigen vom Februar 2022. Sie dreht sich um zwei Fälle vermutlich zu Unrecht kassierter Corona-Soforthilfen in Höhe von insgesamt 13500 Euro.
Die Verhandlung wird am Donnerstag, 7. April, fortgesetzt.