Wenn die Lichter ausgehen

von Redaktion

In einem Kurs bereitet Medizinisches Katastrophen-Hilfswerk auf Katastrophenfall vor

Tuntenhausen – Und dann ist einfach der Strom weg: Vor einem Jahr war die Vorstellung eines Blackouts weit weg. Nun gilt der flächendeckende Ausfall der Stromversorgung zumindest als vorstellbar. Dass sich viele Menschen Sorgen machen, merkt auch das Medizinische Katastrophen-Hilfswerk (MHW). Seit 2009 bietet es auf dem ehemaligen Flugabwehrgelände der Bundeswehr in Tuntenhausen sogenannte „Selbsthilfekurse für die Bevölkerung“ an. Am vergangenen Samstag fand wieder ein solcher Kurs statt und der Andrang war laut MHW noch nie so groß.

Angebot
gefragt wie nie

„Mit unseren Kursen versuchen wir, die Teilnehmenden auf Krisen vorzubereiten, um im Notfall einen kühlen Kopf zu bewahren“, sagt Matthias Fischer, Pressesprecher von MHW Deutschland. Dass sich diese Vorbereitung viele Menschen im Moment zu Herzen nehmen, sah man an der hohen Teilnehmerzahl am Samstag. Familien, ältere und jüngere Menschen, selbst Kinder waren angemeldet, insgesamt rund 80 Personen. „Nase oder Rachen, was ist Ihnen lieber?“, so begrüßte Fischer jeden Teilnehmer mit einem Lächeln, noch vor einem guten Morgen. Der Corona-Test vor Beginn des Kurses war angesichts der hohen Inzidenzen in der Region obligatorisch. So mussten einige auch wieder mit einem positiven Testergebnis nach Hause fahren.

„Beste Entscheidung treffen können“

Alle anderen wurden von MHW-Präsident Robert Schmitt mit ermunternden Worten begrüßt: „Wir wollen Ihnen heute die Angst nehmen und zeigen, dass Sie, egal was passiert, immer eine Möglichkeit haben, die beste Entscheidung zu treffen, auch wenn die Situation brenzlig wird.“ Das kostenlose Geschenk eines solchen Kurses – der ganze Tag wurde nur mit Ehrenamtlichen gestemmt – und die damit verbundene Vorbereitung des Einzelnen für den Ernstfall entlaste vor allem die Einsatzkräfte, wenn es tatsächlich einmal zu einer Katastrophe käme, erklärte Schmitt noch eindringlich, bevor die einzelnen Übungs- und Lehrstationen geöffnet wurden. Allgemeine Hygiene in Not- und Krankheitszeiten, Behelfstrinkwassergewinnung, Bevorratung für Notzeiten oder Kochen ohne Strom waren einige der Themen an diesem Tag. Gerade das Szenario eines Stromausfalls, das gerade in der Politik thematisiert wird, interessierte die Teilnehmer stark. So wurden bei dem Thema Bevorratung die meisten Fragen gestellt. Wobei Dozent Markus Eichschmid gleich zu Beginn klarstellte, dass es hier nicht um „hamstern“ gehe, sondern darum, wie sich „Otto Normalverbraucher für mindestens zehn Tage selbst versorgen kann“. Am wichtigsten zu nennen ist hier vor allem der Trinkwasservorrat, denn bei einem Stromausfall funktionieren keine Wasserpumpen. Hier schlägt das Bundesamt für Katastrophenschutz zum Beispiel für eine Person einen Zwei-Wochen-Vorrat von 28 Liter vor – miteingerechnet ist hier schon Wasser für die Zubereitung von Speisen. Bei den Nahrungsmitteln bevorzugt Eichschmid das rollierende Prinzip und nicht die starre Lagerhaltung. „Man kauft im Grunde das ein, was man auch sonst essen mag, und schaut immer wieder, was abläuft und ersetzt es dann wieder.“ Eichschmid selbst hat seinen Vorrat für 14 Tage in drei größeren Plastikboxen verstaut. Nicht vergessen dürfe man auch Hygieneartikel und Medikamente, so ein weiterer Tipp. Und in den Notfallrucksack müssen ganz dringend Kopien von allen wichtigen Dokumenten. „Zeugnisse müssen Schulen nur zehn Jahre lang aufheben. Wenn das Original weg ist durch Brand oder Hochwasser, hast du offiziell keinen Schulabschluss.“ Taschenlampen und Batterien für ein UKW-Radio sind ebenfalls wichtiger Bestandteil einer Bevorratung für Krisenzeiten.

Von allen Dozenten wurde immer wieder betont, wie wichtig der Zusammenhalt in der Bevölkerung in Krisen ist, und dass man durchaus auch wieder mehr Kontakt zu den Nachbarn haben soll, um sich gegenseitig im Notfall zu unterstützen. Der Selbsthilfekurs des MHW ist einzigartig. Laut Pressesprecher Fischer gibt es kein vergleichbares Kursangebot von Hilfsorganisationen. „Seitens der Politik gibt es nach Katastrophen immer wieder die Forderung, solche Krisen-Vorbereitungskurse anzubieten. Konkrete Pläne zur Umsetzung gab es dazu aber nie.“

Nur Ehrenamtliche
im Einsatz

Der Kurstag in Tuntenhausen mit insgesamt neun Themen wurde ausschließlich von Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit gestemmt. Die Teilnehmer wurden den ganzen Tag versorgt mit Kuchen, Obst, Getränken und einem warmen Mittagessen. Alle Dozenten, ob von der Feuerwehr, Rettungsdienst oder vom Katastrophenschutz, waren bestens motiviert und engagiert.

Wo liegt der Verbandskasten?

Weitere Themen waren: Löschen von Bränden, Überleben im Brandfall, Wundversorgung und Verhalten bei Verkehrsunfällen. Vor allem bei letzterem Thema zeigte sich, wie wichtig es doch ist, auf dem neuesten Stand zu bleiben, was auch heißt, zu wissen, wo im Auto zum Beispiel der Verbandskasten versteckt ist oder das Warndreieck liegt und vor allem wie es aufzustellen geht. Wo dieses Notfallequipment im Auto genau ist, wussten rund die Hälfte der Kursteilnehmer nicht. Geschweige denn, wie man sich am Unfallort verhält. „Die Menschen sollen nicht in Panik geraten, am besten sollen sie ruhig und konzentriert wissen, was zu tun ist und dafür ist es wichtig, in Übung und Kontakt mit dem Thema zu bleiben ohne zu übertreiben“, so Thomas Wegner, der Dozent hier. Am Schluss bekamen alle Teilnehmer eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am Selbsthilfekurs.

„Gute Vorbereitung von Vorteil“

„Das Thema hat mich schon immer interessiert. Ich kenne schon viel, suche aber immer wieder nach Anregungen und neuen Blickwinkeln. Vorbereitet bin ich auf alles: Ich habe ein Notstromaggregat, Kisten mit Nahrung, genügend Wasser, einen Holz- und Gasofen, genügend Brennholz, wenn das Öl ausgeht – bei uns ist alles vorbereitet. Ich bin beim Technischen Hilfswerk und bei der Feuerwehr, da sieht man schon viel, was schiefgehen kann. Um im Ernstfall nicht in Panik zu geraten, ist gute Vorbereitung von Vorteil.“

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