Rosenheim – Befindet sich der ESV Rosenheim in finanzieller Schieflage? Die Gerüchte wollen nicht verstummen – zumal das Finanzamt offenbar die Bücher prüft. Widerrede kommt von Funktionären des ESV. Die zeigen sich derweil in zumindest einem Fall überfordert.
Widerspruch führt zu Fragen. So auch beim ESV Rosenheim: Was hat es zu bedeuten, dass im Impressum des Vereins etwas anderes steht als im OVB-Bericht über die Jahresversammlung des Eisenbahnersportvereins Rosenheim? Und das in einem wichtigen Punkt?
Blick ins
Impressum
Die Spitze der Vereinschefetage stimmt noch: Vorsitzender ist im OVB-Bericht wie auch im Impressum des ESV Rosenheim Horst Spensberger, als Stellvertreter ist Stadtrat Dr. Wolfgang Bergmüller (CSU) genannt. Aber gleich darunter findet sich der auffällige Unterschied – auf dem so wichtigen Posten des Kassiers.
Bettina Spensberger ist es laut ESV-Impressum, jemand anderen aber führt der Bericht auf, der einige Tage nach der Versammlung in den OVB-Heimatzeitungen erschien. „Um die Finanzen kümmert sich Karina Hacker“, heißt es dort. Ein Fehler des Berichterstatters? Unwahrscheinlich, den Bericht hat der ESV Rosenheim selbst verfasst. Mit dem Hinweis, bei der Hauptversammlung im August seien alle Mitglieder der Vorstandschaft einstimmig bestätigt worden – also nicht neu ins Amt gewählt, sondern dank des Votums der Anwesenden im Amt belassen. Der Fehler liege im Impressum, so schildert es der Zweite Vorsitzende Wolfgang Müller. Da sei der Online-Auftritt des Vereins nicht auf dem neuesten Stand. Verständlich, nachvollziehbar zumindest: Nicht jeder Verein pflegt seine Homepage so wie der Greenkeeper den Rasen, Überforderung mit der Online-Aktualität wäre also keine Spezialität des ESV.
Die Rochade auf dem Vorstandsposten hängt nach Bergmüllers Worten jedenfalls nicht mit Gerüchten über den ESV Rosenheim zusammen. Sie wollen nicht verstummen, seit einigen Wochen ist die Rede davon, dass Geld am Fiskus vorbeigeflossen, jedenfalls nicht richtig angegeben worden sei. Von zehntausenden Euro will der eine oder andere wissen.
Von Absicht
keine Rede
Eine Summe im angeblich höheren fünfstelligen Bereich dementiert Wolfgang Bergmüller ebenso entschieden wie einen justiziablen Vorgang. Er bestätigte aber, dass das Finanzamt Rosenheim den ESV Rosenheim prüfe. Von Absicht könne seitens des ESV keinesfalls die Rede sein. Mehr könne er dazu nicht sagen, teilte Bergmüller mit. Weil das Verfahren noch andauere. Das Finanzamt selbst wollte auf OVB-Anfrage ebenfalls nichts zu Ermittlungen gegen den ESV Rosenheim sagen – weder was geprüft werde, noch ob überhaupt ermittelt werde, sagte der stellvertretende Amtschef Andreas Komann. Wegen des Steuergeheimnisses, das juristische Personen wie Vereine nicht anders schützt als Menschen aus Fleisch und Blut. „Wir dürfen nicht mal der Polizei was sagen, wenn es nicht grad um richtig schwere Vorwürfe geht.“
Die Neubesetzung des Kassier-Postens habe nichts mit etwaigen Ermittlungen der Finanzbehörde zu tun, betonte Bergmüller. Die alte Amtsinhaberin habe sich einfach wegen ihres Jobs und des Pendelns nicht mehr imstande gesehen, die Kasse des Eisenbahnersportvereins zu managen.
Karina Hacker habe die Kasse geprüft und für korrekt geführt befunden. Sie sei danach kommissarisch als Nachfolgerin bestimmt worden und bei der Wahl bestätigt worden. Mitglieder des Vereins geben allerdings an, davon nichts mitbekommen zu haben. Die neue Kassierin sei einfach vorgestellt worden. „Schmarrn“, sagt dazu Ludwig Pertl. Der Fußballabteilungsleiter als einer der dienstältesten ESVler betont, alles sei korrekt abgelaufen, Hacker ordnungsgemäß und wie im OVB-Bericht erwähnt ohne Gegenstimme in ihrem Amt bestätigt worden. Auch gebe es keinerlei finanzielle Unregelmäßigkeiten.
Im ersten Stock
ein Kindergarten
Dass der ESV den ersten Stock seines Vereinsheims Ende 2021 der Stadt für einen „Bewegungskindergarten“ überließ, und das angeblich gegen Geld, habe demnach überhaupt nichts mit einer Schieflage des Vereins zu tun, wie bereits kolportiert wurde. Zum Fototermin war seinerzeit sogar Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März (CSU) gekommen, in Anerkennung für die „tatkräftige Unterstützung“ seitens des ESV-Vorstands mit Spensberger und Bergmüller. Laut Stadt war das Gebäude bereits bei den Planungen 2007/2008 mit einem zusätzlichen Stockwerk ausgestattet worden, „für offene Angebote“, wie Sprecher Christian Schwalm auf OVB-Anfrage mitteilte. Die Stadt zahle als Förderer auch keine Miete, sondern anteilig nur Betriebskosten. Verbindlichkeiten habe der ESV bei der Stadt keine.
Und die Prüfung des Finanzamts? Sei überhaupt reine Routineangelegenheit, betonte Ludwig Pertl noch. Eine Routineangelegenheit, die sich allerdings schon Monate hinzieht. Ungewöhnlich lange, wie ein Behörden-Insider sagt. Klarheit zumindest über den Kassiersposten könnte das Protokoll der Hauptversammlung bringen. „Das gibt es“, sagt Bergmüller.
Vorsitzender
zum Gespräch bereit
Einsehen aber könne man es nur mit Zustimmung des Ersten Vorsitzenden Horst Spensberger, sagt Bergmüller auf Anfrage des OVB. Spensberger weile noch im Urlaub, stehe dann aber für ein Gespräch bereit. Das wäre dann noch im Oktober. Die Prüfung durchs Finanzamt wird bis dahin womöglich noch nicht beendet sein.