Rott – Auf der einen Seite ertönte der Ruf „Ganz Rott hasst die AfD“, auf der anderen Seite gab die Rotter Blaskapelle „Freude schöner Götterfunken“ zum Besten. Dazwischen Sprecher der AfD, die versuchten, sich trotz der Lautstärke Gehör zu verschaffen: Es war ein ungewöhnliches Bild, das sich am Samstagabend in Rott zeigte. Denn nicht eine, nicht zwei, sondern gleich drei Protestgruppen trafen rund um Kaisergarten und Rathaus aufeinander: AfD-Kreisverband, die Jusos Rosenheimer Land gemeinsam mit Wasserburg.bunt und dem Bündnis „NoAfD Rosenheim“, sowie die Gemeinde Rott zusammen mit dem Gewerbeverband und der Bürgerinitiative „Rott rottiert“.
Überraschend viele
Gemeinsamkeiten
Bei Eiseskälte von minus fünf Grad waren mehrere Hundert Personen in der Ortsmitte zusammengekommen, um zu protestieren: die AfD bei einer Kundgebung gegen die vom Landratsamt geplante Flüchtlingsunterkunft in Rott, die Jusos mit Wasserburg.bunt und „NoAfD“ sowie die Gemeinde gegen eine Instrumentalisierung der Thematik von Rechts. Genaue Teilnehmerzahlen wollte die Polizei nicht herausgeben. Veranstalter Luca Fischer von den Jusos zählte etwa 700 Unterstützer beim Gegenprotest – angemeldet waren 300 Personen. Zur AfD-Kundgebung waren wohl etwa 70 Anhänger gekommen. Geschätzt 200 Personen schlossen sich der Zusammenkunft der Gemeinde unter dem Motto „Widerspruch ja, AfD nein“ an.
Die Stimmung: teils aufgeheizt. Die Sprecher der AfD, darunter die beiden Landtagsabgeordneten Andreas Winhart und Franz Bergmüller, schimpften über die „Personen hinter dem Zaun“, gemeint waren die Gegendemonstranten auf Einladung der Jusos, während diese unermüdlich „Nazis raus“ skandierten. Bei der Zusammenkunft auf Einladung der Gemeinde wehrten sich die Sprecher, darunter Zweiter Bürgermeister Alfred Zimpel und Vertreter von „Rott rottiert“, dagegen, dass der Protest der Bürger gegen die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete missbraucht werde.
Dennoch konnte jemand, der den Sprechern genau zuhörte, verblüffend viele Gemeinsamkeiten erkennen: Alle drei Gruppen kritisierten die Idee einer großen Unterkunft für bis zu 506 Geflüchtete am Eckfeld.
Kommunen wie Bruckmühl, wo die Erstaufnahmeeinrichtung in der Turnhalle untergebracht wurde, und Rott würden durch die derzeitige Flüchtlingspolitik gegeneinander ausgespielt, hieß es seitens der AfD. Rott werde mit der hohen Unterbringungszahl von 506 Geflüchteten überfordert, lautete das Argument aufseiten der Gemeinde. Die Entscheidung des Landratsamts, so viele Geflüchtete im Gewerbegebiet auf engstem Raum in einem Gebäude unterbringen zu wollen, sei nicht richtig, hieß es beim Gegenprotest der Jusos.
Am Ende blieb trotzdem alles ruhig. Vielleicht lag es an dem Abstand von mehreren Metern zwischen den Protestgruppen, den die Polizei mithilfe von Hundert Einsatzkräften resolut verteidigte. Vielleicht war auch die Kälte der Grund, die den Demonstranten zu schaffen machte und die meisten nach etwa eineinhalb Stunden zum Aufbruch bewegte.
Es seien keine Platzverweise bekannt, bestätigte auch Alexander Huber, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, auf Anfrage. Lediglich einen einzigen Moment, noch bevor die AfD mit ihrer Kundgebung starten wollte, habe es gegeben, bei dem einige wenige Demonstranten die Barriere durchbrochen hätten. „Sie sind aber freiwillig wieder umgekehrt“, stellte Huber fest und zeigte sich zufrieden mit dem Einsatz. Zufrieden zeigten sich auch die drei Protestgruppen, die sich allesamt bei den Demonstranten für ihr jeweils zahlreiches Erscheinen trotz der Kälte bedankten.
Proteste auch
in Rosenheim
„Alle zusammen gegen den Faschismus.“ Das skandierten auch in Rosenheim mehrere Hundert Menschen immer wieder, die sich am Freitagabend zu einer Kundgebung am Rande des Salingartens zusammengefunden hatten. Die Protestveranstaltung war weder von Parteien, noch irgendwelchen Gruppierungen organisiert worden, sondern von zwei einzelnen Bürgern.