Vogtareuth – Zweieinhalb Jahre alt war Angela Sophie, als Mama Yovana Vasquez de Monsalve in der Badewanne auffiel, dass etwas nicht stimmte. In der Kinderorthopädie wurde die Diagnose Idiopathische Early-Onset-Skoliose gestellt, ihre Tochter zunächst konservativ behandelt. Sie musste vier Jahre lang ein Korsett tragen.
Da die Skoliose drohte, lebenswichtige Organe wie Herz und Lunge zu schädigen, stand für den behandelnden Arzt in der Schön- Klinik Vogtareuth, Dr. Mostafa Mosafer, fest: Eine Operation ist unvermeidbar.
„Prognostisch gesehen ist eine frühkindliche Skoliose wie im Fall von Angela Sophie eher ungünstig. Normalerweise zögern wir operative Eingriffe bis zum 14. Lebensjahr hinaus, bis das Wachstum weitgehend abgeschlossen ist“, erklärt der Chefarzt im Fachzentrum für Neurochirurgie, Epilepsiechirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und Skoliose.
Am 14. Mai fand die Operation statt und verlief komplikationslos. Angela Sophie wurde ein wachstumslenkender modulierender Teleskopstab eingesetzt, der sich ohne weitere operative Eingriffe von außen anpassen lässt.
So wächst der Stab quasi mit Angela Sophie mit und ihre Organe können sich ungehindert und gesund entwickeln. Dafür kommt die Siebenjährige künftig mit ihren Eltern aus ihrem Wohnort München alle vier Monate zum Nachspannen in die Schön-Klinik Vogtareuth.
Sobald sie 14 Jahre alt ist, wird der motorisierte Teleskopstab operativ entfernt und ein fester Titanstab in den Bereich, in dem die Skoliose auftritt, eingesetzt. Die Eingriffe werden minimalinvasiv durchgeführt durch einen Einschnitt von maximal fünf Zentimetern, haben kaum Narbenbildung zur Folge und der „Flurschaden“ ist Dr. Mosafer zufolge sehr gering.
Und wie geht es der jungen Patientin inzwischen? „Gut“, kommt es wie aus der Pistole heraus geschossen. „Ich freue mich auf ein neues Leben und darauf, einen Bikini tragen zu können.“ Denn das sei vorher nicht so schön gewesen aufgrund der deutlich sichtbaren Fehlstellung am Rücken, ergänzt Mama Yovana.
Angela Sophie war sogar ein bisschen traurig am Tag der Entlassung, da alle so nett gewesen seien. Assistenzärztin Arifa Ashraf habe es mit viel Einfühlvermögen geschafft, ihr nach der OP die anfängliche Angst zu nehmen und sie dazu bewegt, sich langsam aufzusetzen und erste Schritte zu wagen. „Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten ließ sich die kleine Patientin kaum noch bremsen, marschierte nach nur einer Woche schon selbstständig durch die Klinikgänge und darf in wenigen Monaten auch wieder sportlich aktiv werden. Die Perspektive ist ein ganz normales Leben ohne Beeinträchtigungen“, ergänzt der Chefarzt.
Dass ihre Operation der 500. Wirbelsäuleneingriff bei Kindern an der Schön-Klinik war, hat Angela Sophie erst im Nachhinein erfahren und sich darüber sehr gefreut. „Das kann ja nur Gutes bedeuten“, sagt sie mit einem Lächeln. Auch ihre Eltern zeigten sich glücklich über den Aufenthalt in Vogtareuth, wie Mama Yovana unterstreicht: „Ich kann nur allen, die auch diese Diagnose erhalten, raten, sich mit ihren Kindern hier vorzustellen. Wir sind sehr zufrieden, wurden positiv aufgenommen und unser Vertrauen wurde nicht enttäuscht.“
Die 500. Operation sei auch für Dr. Mosafer etwas Besonderes gewesen. Dem Wirbelsäulenchirurgen sind in den vergangenen Jahren einige Eingriffe im Gedächtnis geblieben – darunter schwerwiegende Fälle von Skoliose, wie bei einem Patienten aus dem arabischen Raum, der auf einen Rollstuhl angewiesen war und nicht mehr laufen konnte.
In solchen Fällen kann er auf sein Team und die Pfleger mit langjähriger fachlicher Erfahrung zählen, ohne die die Arbeit in der Schön-Klinik nicht funktionieren würde.
Wo genau die Ursprünge für die Entwicklung einer Skoliose liegen, könne nicht immer geklärt werden. „Sechs Prozent der Kinder in Deutschland entwickeln während des Wachstums leichte bis schwerere Formen. Diese Fälle müssen nicht immer zwingend operiert werden, sind aber durchaus behandlungs- und beobachtungswürdig“, weiß Dr. Mosafer.
Erste Anzeichen für eine verkrümmte Wirbelsäule äußern sich vor allem in der Pubertät häufig durch eine „Buckelbildung“, einen „Lendenwulst“ oder einen sogenannten „Schulterschiefstand“. Mädchen seien dabei häufiger von der Erkrankung betroffen als Jungen. Dr. Mosafer rät Eltern bei ersten Auffälligkeiten einer möglichen Fehlbildung nach einem Wachstumsschub lieber einmal mehr zu einer medizinischen Untersuchung und Abklärung. Deutlich erkennbar sei eine Skoliose bei Betrachtung des Rückens von hinten, da sich die Wirbel sich um ihre eigene Achse verdrehen.
Marina Birkhof