Rosenheim – Die Staatliche Fachschule für Holztechnik Rosenheim feiert am Freitag, 21., und Samstag, 22. März, ihr 100-jähriges Schuljubiläum. Der Festakt mit geladenen Gästen, darunter Regierungspräsident von Oberbayern Dr. Konrad Schober, Landrat Otto Lederer, Oberbürgermeister Andreas März und der Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Franz Xaver Peteranderl, findet am Freitag statt. Am Samstag öffnet die Fachschule ihre Türen für alle Interessierten. Die Geschichte der Fachschule lässt sich anhand eines Gesprächs mit Josef Oberniedermaier, seit 2004 Lehrer und seit 2018 stellvertretender Schulleiter, und Anton Maier, Pressesprecher der TH Rosenheim, sowie dem Aufsatz „Die Hochschule Rosenheim und ihre Vorgängereinrichtungen“ von Dietmar Hundt im Buch „Rosenheim Geschichte und Kultur“ rekonstruieren.
Rückblick auf eine bewegte Geschichte
Nach dem Ersten Weltkrieg erkannte auch die Holzwirtschaft und Holzindustrie – anderen Branchen etwas nachhinkend – dass ihre Führungskräfte in eigenen Fachschulen ausgebildet werden sollten. Ingenieur Ernst Schlegel, ehemals Lehrer am Maschinenbau-Technikum in Mittweida (Bezirk Chemnitz) sah hier eine Marktlücke und überzeugte 1924 Hugo Laue (1869-1956) aus Schkeuditz (Bezirk Leipzig), Sägewerksbesitzer in Rosenheim sowie Gründer und Vorsitzender der Rosenheimer Holzbörse, von der Idee einer Holzfachschule. Er gedachte, ein Drei-Stufen-Modell zu verwirklichen: Sägemeister und Werkmeister sollten in zwei Semestern ausgebildet werden, ein drittes Semester sollte zum Techniker, ein viertes zum Ingenieur-Abschluss führen. Eintrittsvoraussetzungen waren ein mittlerer Schulabschluss (Oberstufenreife) und eine mindestens einjährige Praxis in der Holzindustrie. Ein fehlender mittlerer Schulabschluss sollte durch Bestehen eines einsemestrigen Vorkurses ausgeglichen werden können. Hugo Laues Rückendeckung und Beziehungen ermöglichten die Eröffnung einer privaten Holzfachschule unter Leitung des Schulunternehmers Ernst Schlegel am 12. Januar 1925 im zweiten Stock des Weinhauses Fortner, am Max-Josefs-Platz 12.
Im Jahr 1925 wurde die Basis gelegt
Damit war die Basis für die später als „Holztechnikum“ weithin bekannte Bildungseinrichtung geschaffen. 1925 entstand ebenfalls der Verein zur Förderung der Holzfachschule. Dieser Verein besteht bis heute als „Förderverein der Hochschule und Fachschule“ und unterstützt die holztechnische Ausbildung an der Technischen Hochschule und an der Fachschule Rosenheim mit dem Ziel, qualifizierte und motivierte Führungskräfte für die gesamte Holzwirtschaft zur Verfügung zu stellen.
Im Zweiten Weltkrieg entstand dann die Staatliche Ingenieurschule, die sich 1971 durch die Fachhochschule, später durch die Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) und 2018 zur Technischen Hochschule Rosenheim weiterentwickelt hat. Ab 1950 schuf das Holztechnikum eine betriebswirtschaftlich-technische Ausbildung, die sich in den Jahren 1962 bis 1970 als eigener Studiengang der „Holzwirtschaftsschule an der Staatlichen Ingenieurschule für Holztechnik“ etablierte. Aus der Holzwirtschaftsschule war de facto bereits eine „Höhere“ Fachschule entstanden. In der letzten Vorbereitungsphase hin zur Fachhochschule wurde die Holzwirtschaftsschule 1970 grundlegend umstrukturiert in eine „Höhere Wirtschaftsfachschule“.
Bereits seit 1964 wurde der Unterricht an der Technikerschule ab dem ersten Semester unabhängig von der Ingenieurschule durchgeführt. Im Rahmen der Hochschulreform entstanden im Jahr 1971 dann zwei getrennte Bildungseinrichtungen: die Fachhochschule Rosenheim und die Staatliche Technikerschule Rosenheim. Im Unterschied zur Fachhochschule war der Zugang zur Technikerschule auch damals ohne Abitur möglich.
„Guten Ruf bewahren und verbreiten“
1973 entstand die Interessensgemeinschaft für Holzbetriebswirte und -techniker (IGHTR) als Förderverein der damaligen Technikerschule Rosenheim, „mit dem Ziel, den international guten Ruf der Schule zu bewahren und zu verbreiten“, erläuterte Josef Oberniedermaier. „Der Förderverein besteht bis heute und ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Schule, Schülern und Absolventen, das wichtige Verbindungen zur Wirtschaft und den Verbänden knüpft. Außerdem unterstützt die IGHTR auf unbürokratischem Weg die Schule finanziell über Mitgliedsbeiträge und ermöglicht so die Beschaffung von zusätzlichen Hilfsmitteln für den Unterricht, sie fördert Fortbildungsmaßnahmen und beteiligt sich an schulischen Veranstaltungen. So organisiert die IGHTR auch den Festabend am Tag der offenen Tür zum Schuljubiläum und hat eine Plattform der ehemaligen Schüler über die Schulzeit hinaus geschaffen“, führte Oberniedermaier im Gespräch mit dem OVB aus.
Aufgrund des guten Rufes der bis 1970 in Rosenheim ausgebildeten „Technischen Holzkaufleute“ ergriff Schulleiter Dipl. Ing. Hans Osterfeld die Initiative zur Wiederaufnahme des Ausbildungsweges „Technischer Holzkaufmann“, die 1977 erfolgte. Dieser Abschluss sollte das Pendant zur akademischen betriebswirtschaftlichen Ausbildung an der damaligen Fachhochschule darstellen.
1990 wurde neben dem Ausbildungsschwerpunkt Betriebstechnik der Schwerpunkt Automatisierungstechnik genehmigt und eingeführt. Dies resultiert aus der Tatsache, dass Techniker immer mehr mit den modernsten Maschinentechnologien vertraut sein müssen, beispielsweise mit der Programmierung und der elektronischen oder pneumatischen Steuerung von immer komplexer werdenden Maschinen und Anlagen. Die Absolventen des Ausbildungsweges „Technischer Holzkaufmann“ konnten ab 1983 mit dem Titel „Holzbetriebswirt/in“ entlassen werden. Den Absolventen der Technikerschule wird seitdem die Möglichkeit geboten, zusätzlich über einen Ergänzungskurs die Meisterprüfung im Schreinerhandwerk und seit den 2000er-Jahren auch im Zimmererhandwerk abzulegen. Diese Möglichkeit wird derzeit von den angehenden Bautechnikern stark nachgefragt. „Viele kommen wegen der Doppelqualifikation (Techniker und Meister) an die Fachschule“, so der stellvertretende Schulleiter. 1998 wurde die „Staatliche Technikerschule“ in Staatliche Fachschule“ umbenannt und erhielt ihren heutigen Namen. 2000 wurde die Fachrichtung Holzbau eingeführt. Dies trägt der zunehmenden Bedeutung des Holzbaus im Sinne des nachhaltigen Bauens Rechnung. „Dass die Einführung des Schwerpunktes Holzbau richtig war, zeigt die positive Entwicklung der letzten 25 Jahre“, stellt Oberniedermaier fest. 2004 wurde die Weiterbildung zum Holzbetriebswirt mangels Nachfrage eingestellt. 2007 führte die Fachschule Rosenheim ein Fächerwahlsystem auf der Basis von Modulen ein. Die Ausbildung sollte so flexibler gestaltet werden, mit dem Ziel, die unterschiedlichen Interessenslagen der Schüler dadurch besser zu bedienen. Jeder Schüler kann sich neben sogenannten Pflichtfächern seinen Schwerpunkt innerhalb gewisser Regeln selbst zusammenstellen. Das Fächerangebot orientierte und orientiert sich an den Schwerpunkten Innenausbau, Produktionstechnik, Wirtschaft und Handel sowie Holzbau. Die Erfordernisse der Zeit und der wirtschaftlichen Entwicklung machte eine stetige Anpassung und Weiterentwicklung dieses Systems erforderlich.
Markanter Anstieg der Bewerberzahlen
Die Fachrichtung Holzbau (aus dem Jahr 2000) wurde im Jahr 2020 überführt in die Fachrichtung Bautechnik mit Schwerpunkt Holzbau. Damit verbunden ist die Bauvorlageberechtigung nach der Bayerischen Bauordnung. Dieser Schwerpunkt wurde sofort gut angenommen. Seit der Einführung ist bereits ein markanter Anstieg der Bewerberzahlen in diesem Bereich zu verzeichnen. Damit können an der Fachschule Rosenheim seit 2020 neben dem Abschluss als Staatl. geprüfter Holztechniker/-in auch der Abschluss als Staatl. geprüfter Bautechniker/-in erworben werden. Im Jahr 2011 erfolgte der Umzug in das W-Gebäude an der Westerndorfer Straße 14. Davor war die Fachschule jahrzehntelang im obersten Stock im A-Gebäude der Fachhochschule untergebracht. Doch können für die Ausbildung an der Fachschule umfangreiche Übungs- und Versuchsanlagen sowie Labore gemeinsam mit der Technischen Hochschule genutzt werden.
Breites Spektrum, viele Möglichkeiten
„So ergeben sich umfangreiche Möglichkeiten, praxisnah an vielzähligen Industriemaschinen und -anlagen auszubilden. Das Spektrum ist breit gefächert. Nahezu die ganze Fertigungskette der verschiedenen Bereiche der Holztechnik kann abgebildet werden. So stehen beispielsweise umfangreiche Maschinen und Anlagen für die Be- und Verarbeitung von Massivholz zur Verfügung. Auch die Herstellung von Plattenwerkstoffen und deren Weiterverarbeitung kann in den Labors sehr gut veranschaulicht werden.“ „Mit ihrer Fähigkeit zur Anpassung an die Anforderungen des Marktes und dem Willen zur Weiterentwicklung kann die Fachschule Rosenheim voller Optimismus in die Zukunft blicken. Holz hat Zukunft“, so Oberniedermaier abschließend.