Mühldorf/Altötting – Gegen 6 Uhr früh bekamen gestern die ersten Verdächtigen unerwarteten Besuch. Die Kriminalpolizei Mühldorf hat gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Traunstein insgesamt 15 Objekte in den Landkreisen Mühldorf und Altötting durchsucht. Sie gingen dem Verdacht des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte nach.
Der jüngste Beschuldigte ist 14 Jahre alt
Die Beamten rückten mit Unterstützung von Kollegen aus dem Bereich der digitalen Forensik der Kripo Traunstein und der Zentralen Einsatzdienste (ZED) zu dem „Aktionstag“ aus. Die 15 Beschuldigten im Alter zwischen 14 und 65 Jahren sind ausschließlich männlich. Vier Spezialstaatsanwältinnen und rund 30 Polizisten vollzogen die von der Staatsanwaltschaft Traunstein beim Ermittlungsrichter erwirkten Durchsuchungsbeschlüsse. „Die erste Einsatzbesprechung, um zu klären, wer wo hinfährt, fand um 5 Uhr morgens statt“, erläutert Polizeisprecher Stefan Sonntag auf OVB-Anfrage den zeitlichen Ablauf der Ereignisse. An den ersten Wohnadressen hätten die Einsatzkräfte eine Stunde später geklingelt. „Durchsuchungen zur Nachtzeit sollen laut Gesetz vermieden werden.“ Die Aktion sei um etwa 11 Uhr beendet worden, danach folgte für die Einsatzkräfte weitere Büroarbeit.
Handys, Laptops und Datenträger gesichert
„Als Beweismittel wurden in den Wohnungen 21 Handys, zehn Laptops, Tablet-PCs und eine Menge anderer Datenträger sichergestellt“, so Sonntag. „Die Beschuldigten sind weiter auf freiem Fuß.“ Bereits bei der Durchsuchung unterziehen IT-Fachleute der Kripo Handys und Laptops einer Erstsichtung. „Wird dabei festgestellt, dass sich darauf nichts Verdächtiges findet, dann wird dieses Gerät auch nicht sichergestellt“, erklärt Sonntag. Zugunsten der Besitzer, aber auch zugunsten der IT-Forensiker, die nun alle sichergestellten Geräte und Datenträger auswerten. „Angesichts der enormen Datenmengen ist das sehr zeitaufwendig und kann mehrere Monate dauern“, weiß der Polizeisprecher. „Die Ergebnisse gehen danach an die Staatsanwaltschaft, und die entscheidet je nach Schwere der Straftat, wie es rechtlich weitergeht.“ Die Ermittlungen werden von der Kripo Mühldorf unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Traunstein geführt.
Schon der Besitz ist strafbar
Dass sich unter den Beschuldigten auch Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren finden, sei laut Sonntag „leider nicht mehr ungewöhnlich.“ Jugendliche bekämen über soziale Medien vielfach Dateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt zugeschickt, speichern oder schicken sie weiter. „Schon der Besitz ist strafbar“, betont Sonntag. „Viele junge Menschen sind sich dessen gar nicht bewusst.“ Das vorläufige Ergebnis der konzertierten Aktion wird von Staatsanwaltschaft und Polizei als Erfolg gewertet, so der Polizeisprecher. „Durch die Aktion wurde den Tatverdächtigen deutlich aufgezeigt, dass sie sich in der vermeintlichen Anonymität des Internets nicht sicher- fühlen dürfen. Da hinter jedem Fall von Kinder- und Jugendpornografie Opfer und Schicksale stehen, werden Polizei und Justiz auch in Zukunft mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln daran arbeiten, den Straftätern das Handwerk zu legen.“
Anstieg der Straftaten um über 30 Prozent
Laut Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd stiegen die Fallzahlen in dem Deliktbereich im Jahr 2024 deutlich auf 911 Taten an. Dies entspricht einem Anstieg von 214 Fällen oder 30,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Um dem Anstieg gerecht zu werden, hat das Polizeipräsidium bereits eigene „Arbeitsgruppen Kinderpornografie“ eingerichtet. Diese arbeiten eng mit den Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg zusammen, bei der das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) angesiedelt ist. Auch die Staatsanwaltschaft Traunstein reagierte auf die Entwicklung und setzte eine Gruppenleiterin sowie vier Staatsanwältinnen speziell zur Verfolgung dieser Straftaten ein. Christa Latta