Rosenheim – In der Warteschlange werden wohl schon viele gesteckt haben. Montagmorgen, die Arbeit ruft – doch es kratzt im Hals, die Stirn und die Wangen sind heiß und der Kopf pocht. Da bleibt nur der Weg zum Hausarzt. Der Anruf dort kann aber schon mal ein wenig dauern, viele Praxen müssen dutzende Patienten gleichzeitig versorgen. Damit ist auch klar: Der Bedarf an Allgemeinmedizinern ist groß – und wird in Zukunft wohl kaum weniger werden.
Bedarfsanalyse im „Versorgungsatlas“
Ob es in einer Region für die dort lebenden Menschen genügend Hausärzte gibt und der Bedarf gedeckt ist, das ermittelt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) mit ihrem „Versorgungsatlas“. Darin veröffentlicht die Vereinigung unter anderem die Zahl der niedergelassenen Ärzte und deren Altersstruktur. Entscheidend ist aber der „Versorgungsgrad“ – das Verhältnis der benötigten Anzahl an Ärzten gemessen an der Einwohnerzahl. Wenn diese Zahl über 100 Prozent liegt, zählt die Region als ausreichend versorgt, bei 110 Prozent als überversorgt.
Die beruhigende Nachricht vorweg: Im Landkreis Rosenheim gibt es ausreichend Hausärzte – zumindest rein zahlenmäßig. Die KVB teilt den Landkreis dabei in mehrere – wenn auch etwas gewöhnungsbedürftige – Bereiche auf, die nicht immer mit den genauen Landkreisgrenzen übereinstimmen. Das Zentrum bildet die Stadt Rosenheim, zu diesem Teil zählt die Vereinigung auch Kolbermoor und Stephanskirchen. Insgesamt 73 Allgemeinmediziner haben sich dort niedergelassen – 57 in Rosenheim, acht jeweils in den anderen beiden Gemeinden. Das ergibt einen Versorgungsgrad von rund 113 Prozent.
Viele Mediziner kommen in die Jahre
Was zunächst sehr positiv klingt, wird mit Blick auf den Altersdurchschnitt der Allgemeinmediziner aber relativiert. Dieser liegt in den drei Gemeinden bei 53,6 Jahren, fast 28 Prozent der Ärzte ist 60 Jahre oder älter. Rund 60 Prozent der Mediziner, unter denen fast genau so viele Männer wie Frauen sind, hat bereits das 50. Lebensjahr überschritten.
Dennoch macht die Gruppe der unter 45-Jährigen mit rund 23 Prozent, und damit der zweitgrößten Altersklasse Hoffnung, dass die Versorgung in Rosenheim, Kolbermoor und Stephanskirchen auch in den kommenden Jahren ähnlich gut bleibt. Etwas größer scheinen da die Sorgen in den Orten rund um den Chiemsee und im Nordosten des Landkreises zu sein. Zu diesen zählt die KVB auch Großkarolinenfeld, Schechen und Rott. Dort liegt das Durchschnittsalter bei 54,6 Jahren. Rund ein Drittel der Hausärzte dort ist mindestens 60 Jahre alt, der „Nachwuchs“ macht nur etwas mehr als 15 Prozent aus. Heißt auch: der momentane Versorgungsgrad von 112,7 Prozent könnte sich demnächst verschlechtern, wenn sich die ältere Generation in den Ruhestand verabschiedet.
Zum jetzigen Zeitpunkt arbeiten in dem Bereich der Region noch 59 Hausärzte – 30 Männer und 20 Frauen. Die meisten davon in Bad Endorf (14), auf Platz zwei folgt Prien mit zwölf Hausärzten. Auffällig ist auch: Während es zum Beispiel in Großkarolinenfeld fünf und in Riedering vier Allgemeinmediziner gibt, finden Patienten in Vogtareuth und Schonstett gar keinen niedergelassenen Hausarzt. Und Höslwang hat mit zwei Ärzten eine höhere Dichte als beispielsweise Prutting oder Söchtenau – obwohl in beiden Gemeinden mehr Menschen leben.
Altersdurchschnitt im Inntal am höchsten
Die Verteilung der Hausärzte im Inntal und im südlichen Teil des Landkreises ist relativ gleichmäßig. In dem gesamten Bereich haben sich 44 Allgemeinmediziner niedergelassen. So gibt es in Oberaudorf acht Ärzte – der Spitzenreiter im Inntal – in Raubling und Aschau sechs und in Brannenburg drei. Allerdings gibt es in Rohrdorf nur einen Hausarzt, in den kleineren Gemeinden Nußdorf und Flintsbach hingegen vier. Letztlich zählt der Teil der Region mit einem Versorgungsgrad von fast 111 Prozent auch als überversorgt.
Noch zumindest. Denn eines wird bei den KVB-Zahlen auch klar: Einige der Inntaler Hausärzte – darunter 23 Frauen und 21 Männer –könnten in den nächsten Jahren aufhören. Der Altersdurchschnitt liegt bei 55,1 Jahren – genauso hoch wie der bayerische Mittelwert. 34 Prozent der Ärzte sind dabei älter als 60 Jahre, fast 70 Prozent haben das 50. Lebensjahr überschritten. In der jüngeren Altersklasse befinden sich auf der anderen Seite aber nur rund 14 Prozent. Anders gesagt: Es fehlt am Nachwuchs.
Fast die Hälfte im Mangfalltal sind Ü60
Etwas mehr jüngere Allgemeinmediziner sind der KVB zufolge im Mangfalltal zu finden. Rund 21 Prozent sind dort noch nicht älter als 45 Jahre. Zur Wahrheit gehört aber auch: Fast die Hälfte der Hausärzte ist schon über 60 Jahre alt. Dennoch liegt der Altersdurchschnitt mit 54,9 Jahren knapp hinter dem Inntal. Beim Versorgungsgrad hängt das Mangfalltal mit rund 110 Prozent ganz leicht zurück.
48 Hausärzte – darunter 26 Frauen und 22 Männer – kümmern sich dort um die Anliegen der Patienten. 19 davon sind in Bad Aibling, zwölf in Bruckmühl und sieben in Feldkirchen-Westerham. Aber auch Bad Feilnbach und Tuntenhausen gelten mit sechs und vier Allgemeinmedizinern als ausreichend versorgt.
Wasserburg gilt auch als „überversorgt“
Eine gute Versorgung kann auch die Wasserburger Gegend aufweisen. Die Versorgungsrate liegt bei 110,59 Prozent – allerdings gehören für die KVB zu diesem Gebiet auch einige Gemeinden außerhalb des Rosenheimer Landkreises.
Von den Landkreisgemeinden hat Wasserburg mit 13 Hausärzten die größte Dichte. In Edling und Soyen gibt es vier, in Albaching, Amerang und Eiselfing zwei und in Pfaffing und Babensham einen. Ramerberg hingegen hat keinen Hausarzt. Beim Alter ist es bei den Wasserburger Hausärzten wie in den anderen Teilen der Region – die über 60-Jährigen sind in der Überzahl. Allerdings folgt hier dicht dahinter die jüngere Generation.