Rosenheim/Brannenburg – Große Träume verleihen Flügel. Für Elisabeth (16), die für Manuel Neuer, die Feuerwehr und den FC Bayern schwärmt, ist es völlig klar: Für die Neuer-Nachfolge im Tor ist niemand geeigneter als sie – logisch. Dass sie die meiste Zeit im Rollstuhl sitzt – für Elisabeth zweitrangig.
Wenn der Glaube Berge versetzen kann, dann kann er auch jeden Ball in der Allianz-Arena halten. So einfach ist das. So empfindet es Elisabeth, die sehr glücklich ist in ihrer ganz eigenen Welt, in der sie leider nicht nur knallrote Feuerwehrautos und Manuel Neuers Heldentaten begleiten, sondern auch alle möglichen körperlichen und geistigen Einschränkungen – plötzliche Krampfanfälle und Klinikaufenthalte inklusive.
Deshalb ist es bei Elisabeths Mama Regine (54) genau umgekehrt. Sie träumt nicht von Höhenflügen, sondern hält den Ball – um im Bild zu bleiben – lieber flach: herunterkommen, entspannen, Ruhe finden.
Endlos-Marathon beginnt
schon vor der Geburt
Ein machbarer Wunsch, möchte man meinen. Doch so einfach ist das nicht, wenn man eine Tochter hat, die rund um die Uhr Fürsorge, Aufmerksamkeit, Unterstützung und Hilfe braucht – und noch zwei weitere Kinder: Franziska (16), Elisabeths Zwillingsschwester, und Anna (18). Das ist kein Spiel, das nach 90 Minuten vorbei ist, sondern ein kräftezehrender Endlos-Marathon, der im Fall von Elisabeth schon vor der Geburt begonnen hat – mit einem „fetofetalen Transfusionssyndrom“.
Thomas Stingl vom Haus Marini Brannenburg weiß, welches Pensum Familien wie die Koflers aus Holzkirchen stemmen müssen. Die soeben eröffnete Kurzzeit-, Ferien- und Tagespflege für Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen wird von der Weihnachtsspendenaktion der OVB-Heimatzeitungen unterstützt, die 2025 erstmals unter der Dachmarke HeimatLichter steht.
Für Elisabeth und ihre Familie ist das Haus ein Segen, eine Oase, ein Paradies. Sie hat schon dutzende glückliche Stunden dort verbracht, nun soll 2026 der große Wurf folgen: „Dann wird Elisabeth wochenweise zum Übernachten zu uns kommen“, freut sich Haus-Marini-Geschäftsführer Stingl schon aufs Wiedersehen.
Für Regine Kofler eröffnet das ganz neue Perspektiven: Zeit für sich haben, den Mann und die Geschwister – und dabei zu wissen, dass Elisabeth in besten Händen ist: Was für ein großartiges und beruhigendes Gefühl!
Das Familienleben der Koflers – das ist ein ständiges Hin und Her zwischen Schulen, Kliniken, Arztpraxen, Fußballplätzen und Arbeit, zwischen Holzkirchen, Rosenheim, Oberaudorf, München und Salzburg.
Elisabeth besucht die Petö-Schule in Oberaudorf, die Schwestern das Gymnasium in Holzkirchen. Den Fahrdienst nach Oberaudorf muss die Familie selbst leisten. Franziska steht bei den B-Juniorinnen des FFC Wacker München im Tor, Vater Michael Martin Kofler (59) hilft fleißig mit, wenn er zu Hause ist – aber als Uni-Professor am Salzburger Mozarteum und Flötist der Münchner Philharmoniker ist er das eher selten.
Und was ist ein fetofetales Transfusionssyndrom, mit dem der Marathon 2009 begonnen hat? Dabei bilden sich Blutgefäße zwischen Zwillingen im Mutterleib. Bei Elisabeth und Franziska werden die Gefäße in der 20. Schwangerschaftswoche erfolgreich per Laser in der Uniklinik Bonn getrennt. Es sind aber schon Schatten in Elisabeths Kopf sichtbar. Zudem ist ihr Herz aufgrund der Blutknappheit extrem vergrößert. So kommt es von Geburt an zu zahlreichen Beeinträchtigungen, ab 2017 kommen epileptische Anfälle dazu.
Aber Elisabeth geht ihren Weg. Sicher fängt sie bald auch Bälle im Haus Marini. Dort ist die große Spielwiese im Garten wie gemacht dafür. Und wenn Uli Hoeneß doch nicht anruft? Dann wird Elisabeth halt eine Feuerwehrfrau. Ein Job, mindestens so heldenhaft wie der von Manuel Neuer.
Überweisungsträger liegen der heutigen Ausgabe bei.