Rosenheim – Familie, Beruf, Politik: Sieglinde Wunsam aus der Kastenau gehört zu den ersten in Rosenheim, die diesen Spagat – dank eines funktionierenden Familienverbundes – geschafft haben. Mit 47 Jahren zog sie 1990 für die CSU in den Stadtrat ein und blieb drei Wahlperioden aktiv. Auch heute ist sie noch politisch engagiert: als Vorsitzende der Senioren-Union.
Von selber wäre sie nicht auf die Idee gekommen, zu kandieren, erinnert sich Sieglinde Wunsam. Der damalige CSU-Vorsitzende fragte bei der Schatzmeisterin der Frauen-Union an. „Damals wollte man ganz bewusst mehr Frauen für die Kommunalpolitik gewinnen“, erinnert sie sich. „Du schaffst das“, ermutigte sie Polit-Urgestein Adolf Dinglreiter, der sie immer intensiv unterstützt habe. „Die Fraktion hat mir nie das Gefühl gegeben, nicht dazuzugehören“, betont Sieglinde Wunsam. „Voll akzeptiert“ habe sie auch die Stadtverwaltung, nachdem sie gespannt habe: „Die kann was.“
Eine Frauenquote ist für die Kastenauerin nach wie vor „ein Schmarrn“. In die Kommunalpolitik sollten qualifizierte Personen – egal ob Mann oder Frau, findet sie. Trotzdem gibt Sieglinde Wunsam zu: „Es gibt Themen, die sehen wir Frauen mit anderen Augen.“ Beispiel Kinderbetreuung: Schon vor Jahrzehnten machte sie sich für den Bau von Hortplätzen stark, „dafür mussten wir früher ganz schön kämpfen“, erinnert sie.
Ein weiteres Thema, das eher Frauen interessiert: die Kulturförderung. „Die Kultur hat früher eher hinten an gestanden“, erinnert sich Sieglinde Wunsam. Sie saß im Aufsichtsrat des Kukos und war Vorsitzende des Fördervereins der Stadtkapelle. Und engagierte sich für soziale Belange wie das Romed-Klinikum. Bis sie ihr Amt 2009 an ihren Sohn Günther quasi abgab, war sie für die Fraktion Sprecherin im Jugendhilfeausschuss.
Noch heute erinnert sie sich gerne an die 18 Jahre Stadtratsarbeit. „Wenn ich durch Rosenheim gehe, denke ich oft: Das haben wir gut auf die Reihe gebracht.“ Mitgestalten: Das ist bis heute der Reiz der Kommunalpolitik. Schade findet Sieglinde Wunsam, dass jüngere Frauen immer seltener ein Amt dieser Art übernehmen. „Sie haben einfach keine Zeit“, bedauert die Kastenauerin. Zeit benötigt die Kommunalpolitik, denn mit den Stadtratssitzungen ist es nicht getan. „Man muss immer mitten drin sein“, spricht die CSU-Frau die Notwendigkeit an, auch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Außerdem braucht eine Stadträtin gute Nerven. Die hat Sieglinde Wunsam bei den Entscheidungen zum Eisstadion benötigt. Anfang der 90er-Jahre mussten Stadträte von Polizisten gegen Angriffe wütender Eishockeyfans geschützt werden.duc