Rosenheim – „Ich bin durch eine harte Schule gegangen“, sagt die pensionierte Lehrerin Bärbl Thum, die 1986 als Nachrückerin auf der SPD-Liste in den Stadtrat kam, 1990 bis 1996 dort sogar als Einzelkämpferin für die Wählergemeinschaft „WIR“ saß.
Es hat gedauert, bis sie sich Respekt erarbeitet hatte. Denn anfangs gab es sehrwohl Vorbehalte gegen sie als weibliches Stadtratsmitglied. Das lag auch daran, dass Bärbl Thum eine Kommunalpolitikerin war, die mutig den Finger in Wunden legte. „Lieb, still, unterordnend: So war ich nicht“, erzählt die damalige „Rebellin“ lachend.
Im Gegenteil: Die WIR-Stadträtin traute sich sogar einmal eine Sitzungswiederholung durchzusetzen, weil man sie nicht geladen hatte und dies einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung darstellte. Sie setzte eine neue Berechnungsmodalität für die Sitzverteilung in den Ausschüssen durch. Sie zog als Frau im Bauausschuss – „ein Novum damals“ – das Baugesetzbuch hervor und argumentierte mit der Gesetzeslage gegen Beschlüsse nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“, erinnert sie sich.
Sie stand auch im technisch orientierten Werkausschuss der Stadtwerke ihre Frau. Und steckte auch bissige Kommentare ihrer Stadtratskollegen weg – etwa nach ihrer ersten Haushaltsrede. „Wer hat Ihnen denn die geschrieben?“, hieß es damals. Ihre schlimmste Erfahrung: die Diskussion um den Bau eines neuen Eisstadions Anfang der 90er-Jahre. Sie hatte in öffentlicher Sitzung vorgerechnet, dass sich die Stadt ein solches Vorhaben nicht leisten könne und musste dafür harsche Kritik und wüste Beschimpfungen einstecken.
Doch die WIR-Stadträtin bot ihren Kritikern die Stirn und biss sich durch. Irgendwann hatte sie sich Anerkennung verschafft – unter anderem dadurch, dass sie stets gut vorbereitet in die Sitzungen oder in Informationsgespräche mit der Stadtverwaltung kam.
Manchmal hat sie sich trotzdem gefragt: „Sind das meine Nerven wert?“ Heute ist Bärbl Thum überzeugt: „Ja, es war eine gute Zeit.“ Obwohl sie sich noch immer fragt, wie sie es geschafft hat als junge Mutter von drei Kindern, als Lehrerin und Kommunalpolitikerin. Ohne die Unterstützung ihrer Familie wäre es nicht gelungen, weiß sie.
„Wir brauchen junge Frauen“, mit diesem Appell hatte sie in den 80er-Jahren der damalige Vorsitzende der SPD, Walter Schlosser, motiviert, zu kandidieren. Die damals 37-Jährige ließ sich auf die Liste setzen, wurde nach vorne gehäufelt und rückte 1986 nach. Eine Überraschung, doch für Bärbl Thum stand sofort fest: Nur zum Handheben nimmt sie nicht im Plenum des Stadtrates Platz. „Wenn, dann richtig“, lautet ihr Lebensprinzip. duc