Rosenheim – „Es ist meine Sache, was ich tue“ – mit dieser Aussage brachte der Angeklagte, der bereits viermal wegen Sachbeschädigung- und Eigentumsdelikten vorgeahndet ist und rund 30-mMal im Rahmen polizeilicher Ermittlungen erwähnt wurde, sein fehlendes Unrechtsbewusstsein auf den Punkt. „Ich bin ein Zigeuner, ich klaue halt“. Auch drei bisher verhängte Jugendarreste und eine sehr aufwendige individualpädagogische Jugendhilfemaßnahme in Russland, die unter besonderen Bedingungen dazu beitragen sollte, den Jugendlichen im Herkunftsbereich besser zu integrieren und zu einem straffreien und eigenverantwortlichen Leben zu befähigen, konnten bisher nichts ausrichten. Der junge Mann scheint sein Handeln nicht weiter reflektiert zu haben, denn auch für die Eskalation der neuerlichen Vorfälle sah er die Schuld nicht bei sich. Dennoch räumte er den Tatvorwurf ein und betonte, dass er „nicht weiter der Buh-Mann sein will“.
Demnach hielt sich der Rosenheimer am 8. Oktober in den frühen Morgenstunden in der Lobby eines Münchner Hotels auf. Laut seinen Angaben hatte er eine Flasche Wodka und „ein paar Bier“ getrunken und offensichtlich Gefallen an zwei Kerzengläsern gefunden. Er steckte sie in seine Tasche und verließ anschließend das Hotel.
Handgemenge mit einem Barkeeper
Der Barkeeper bemerkte den Diebstahl, verfolgte den Angeklagten und versuchte ihn festzuhalten. Doch dem Rosenheimer passte nach eigener Aussage der Ton nicht, den sein Verfolger angeschlagen hatte. Außerdem hätte der ihn am Hals gepackt. Deshalb habe er ihn freundlich gebeten, ihn loszulassen und „normal“ mit ihm zu sprechen. „Dann hätte ich die Sachen auch wieder zurückgegeben“, so der Rosenheimer. So aber habe er sich genötigt gesehen, den Barkeeper auf den Boden zu werfen, um dessen Schläge zu unterbinden und ihn loszuwerden.
Laut des polizeilichen Sachbearbeiters, dessen Angaben sich auf Zeugenaussagen stützten, hat der Barkeeper den Angeklagten verfolgt und aufgefordert, die Kerzengläser zurückzugeben. Vor dem Lokal sei es zu einem Handgemenge gekommen und der Angeklagte habe zur Beutesicherung mit den Fäusten zugeschlagen. Nachdem Zeugen dazwischen gegangen seien und die Kontrahenten getrennt hätten, habe der Angeklagte dem Geschädigten nochmals einen Tritt versetzt.
Dieser erlitt dabei mehrere Prellungen und Hämatome. Laut sozialpädagogischer Einschätzung der Jugendgerichtshilfe ist die Eigenwahrnehmung des Angeklagten stark beeinträchtigt. Es habe viele Jugendhilfemaßnahmen sowie zahlreiche Heim- und Psychiatrieaufenthalte gegeben. Aus Vorverurteilungen seien insgesamt noch 119 Sozialstunden offen.
Die Lebensgeschichte sei schwer zu rekonstruieren. Schädliche Neigungen seien aber zweifelsfrei vorhanden. Zur Ahndung wurden eine Jugendstrafe zur Bewährung, ein sozialer Trainingskurs und Gespräche bei der Drogenberatung vorgeschlagen.
Sozialstunden noch immer nicht geleistet
Die Anklagevertretung folgte den Ausführungen, forderte aber eine Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung. Der Beutewert sei zwar gering und der Angeklagte geständig, aber es habe an Einsicht gefehlt. Zudem habe es der arbeitslose junge Mann nicht geschafft, innerhalb eines Jahres seine offenen Sozialstunden abzuleisten.
Das Jugendschöffengericht sah es ähnlich, blieb mit dem Strafmaß aber unter der Forderung der Anklage. Der Angeklagte habe geschlagen, getreten und sich des räuberischen Diebstahls schuldig gemacht. Schädliche Neigungen seien völlig klar, aber mit viel Entgegenkommen habe der Angeklagte als letzte Chance nun sechs Monate lang Zeit, um zu beweisen, dass die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden könne, betonte Richterin Verena Köstner in ihrer Urteilsbegründung.
Ein strenges Vorbewährungskorsett, das unter anderem einen sozialen Trainingskurs, Drogenabstinenz, Suchtberatung, intensive Jobbewerbungsversuche und wöchentlich 20 Stunden gemeinnützige Arbeit bis zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses vorsieht, soll Strukturen schaffen. ca