johanna schildbach-halser, fdp-stadträtin von 1984 bis 1991

„Oft herablassend behandelt“

von Redaktion

Rosenheim – „Auf der Schwelle zur Rathaustür ging mir jedes Mal der Blutdruck hoch“, erinnert sich Johanna Schildbach-Halser an ihre Anfangszeit als FDP-Stadtratsmitglied. 1984 hatte sie auf einem hinteren Platz als „Papiertigerin“ kandidiert und war – für sie völlig überraschend – in das Kommunalparlament gewählt worden. Das lag wohl auch daran, dass die damals 38-jährige Mutter von fünf kleinen Kindern vielen Rosenheimern als Gründerin der Nachbarschaftshilfe und Mitglied in Elternbeiräten bekannt war.

Als junge, unerfahrene Einzelkämpferin hatte es Johanna Schildbach-Halser schwer. Herablassend sei sie oft behandelt worden – auch vom damaligen Oberbürgermeister Dr. Michael Stöcker. „Er war ein charmanter Mann, doch Frauen in der Politik: Das war für ihn unerwünschte Weiberwirtschaft“, ist sie bis heute überzeugt.

Vor allem als Frau im Bauausschuss hatte sie einen schweren Stand. Als einziges FDP-Mitglied hatte sie niemanden, der sie an die Hand nehmen und informieren konnte, wenn es um komplexe Bauvorhaben ging. Ihr fehlten die Netzwerke, die damals ebenfalls sehr von Männern dominiert wurden, berichtet Johanna Schildbach-Halser.

„Ausgelacht haben sie mich, als ich einen Pendlerparkplatz in Happing gefordert hatte“, erinnert sie sich. Jahre später ist diese Einrichtung wieder im Gespräch, wenn es darum geht, die Autoströme in die Stadt in den Griff zu bekommen. Auch den Bahnhaltepunkt Aicherpark hat Johanna Schildbach-Halser schon vor 20 Jahren gefordert – damals wurde sie nach eigenen Angaben auch dafür belächelt.

Als Stadt- und Bezirksrätin saß sie bei vielen offiziellen Veranstaltungen in der Stadt in der ersten Reihe – und wurde trotzdem bei der Begrüßung der Ehrengäste oft übersehen. Als Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe sah sie sich außerdem gezwungen, sich mit vielen Entscheidungsträgern gutzustellen, um nicht Zuschüsse oder Förderungen zu gefährden. „Ich glaubte, mir nichts erlauben zu können“, bedauert sie.

„Als Frau in der Kommunalpolitik war man früher nicht gleichberechtigt“, lautet ihr Fazit. Trotzdem hat sie ihre Zeit als Stadträtin nicht bereut. Vieles würde sie wieder genauso machen: vor allem immer wieder auf ihr Bauchgefühl hören.

„Frauen in der Politik sind heute wichtiger denn je“, findet sie außerdem. Schließlich befänden sich diese eher in der Mitte der Gesellschaft, würden von vielen politischen Entscheidungen, etwa zur Ausstattung von Schulen oder zur Nahversorgung, persönlich tangiert. „Mit Herz und Hirn“ sollten Kommunalpolitikerinnen deshalb agieren. „Und sich ja nichts gefallen lassen“, rät sie. duc

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